Kommentar |
Spätestens seit im Jahr 2001 von Theodore Schatzki der sogenannte ‚practice turn‘ ausgerufen wurde, ist das Konzept ‚sozialer Praxis‘ zu einem Schlüsselbegriff soziologischer Forschung aufgestiegen. Praxistheorie positioniert sich dabei auf Ebene der Sozialtheorien zwischen individualistischen, handlungstheoretischen und holistischen, strukturtheoretischen Versuchen der Welterfassung. Sie unternimmt den Versuch, gängige soziologische Dualismen wie Subjekt und Objekt, Individuum und Gesellschaft, Mikro und Makro oder auch Geist und Körper zu unterlaufen und stattdessen auf das konkrete Tun beziehungsweise den praktischen Vollzug von ‚doings and sayings‘ zu fokussieren. Während es aus sozialtheoretischer Perspektive also sinnvoll erscheinen kann, von ‚der Praxistheorie‘ zu sprechen, haben wir es in Wirklichkeit jedoch mit einem sehr heterogenen Feld von Praxistheorien zu tun, die zwar einen gemeinsamen Kern teilen, ansonsten jedoch weit auseinanderreichen. Wir werden uns daher sowohl mit einem Set an praxistheoretischen Grundelementen als auch klassischen Varianten befassen und uns dabei einen Überblick verschaffen, ohne an bestimmten Stellen ins Detail zu gehen. Am Ende des Seminars sollen Beispiele stehen, wie praxistheoretische Begriffe heute empirisch anschlussfähig gemacht werden.
Ziel des Seminars ist es, einen Überblick über die verschiedenen zeitgenössischen Varianten der Praxistheorie zu gewinnen und dabei auch ihre historische Entwicklung zu rekonstruieren. Die Studierenden sollen durch das Seminar in die Lage versetzt werden, Grundelemente unterschiedlicher praxistheoretischer Ansätze zu identifizieren und in das Feld soziologischer Theorien einordnen zu können. |