Die politische Wende der Jahre 1989/91 lässt die Frage entstehen, inwiefern sich das Verhältnis zwischen Russland und dem „Westen" seitdem verändert hat. Im Kern des Seminars steht die russische Außenpolitik im Wandel. Wurde eine Annäherung erreicht, die durch fortbestehende Konfliktfragen und Interessengegensätze gefährdet ist oder setzt sich der Interessenkampf auf einer anderen Ebene fort? Das Seminar beabsichtigt, die außenpolitische Entwicklung Russlands in den letzten 20 Jahren zu verfolgen und zu analysieren. Die Frage nach außenpolitischem Denken in Russland, das sich parallel zu den innenpolitischen Reformen auf der Basis des sowjetischen Erbes zu kristallisieren hatte, soll unter verschiedenen Aspekten betrachtet und in einer vergleichenden Perspektive analysiert werden.
Mit der Betrachtung russischer Institutionen, Strukturen und Prozesse sollen zuerst interne Einflussfaktoren auf die Außenpolitik Russlands untersucht werden. Dabei werden systematisch die folgende Leitlinien der Außenpolitik und ihre Entwicklung in den letzten 20 Jahren in Betracht genommen: Beziehung zu EU sowie Europarat; Kooperation mit der NATO; Beziehungen zu den Vereinten Nationen/OSZE; Russland und G8; „nahes Ausland" und Nachbarschaftspolitik; Russische Zentralasienpolitik.
Russland und die EU wollen gemeinsam im 21. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielen. Um diese Nachbarschaftspläne in die Tat umzusetzen, müssen sie sich in den kommenden Jahrzehnten stark aufeinander beziehen und einander verstehen. Welche historische Grundlage ist dafür vorhanden? Hier empfiehlt sich eine Retrospektive, die die historische Bedeutung der Ereignisse erkennen lässt. Das Seminar bietet den Studierenden die Möglichkeit in einer Gruppe mit den klassischen politikwissenschaftlichen Methoden eine solche Retrospektive gemeinsam zu bewerkstelligen.
Schwerpunkte bilden aber die Analyse der Beziehungen Russlands zu ausgewählten Ländern und Organisationen sowie Fragen der Erweiterung von EU und NATO und einzelne konfliktträchtige Probleme in den Beziehungen. Die gemeinsamen außenpolitischen Herausforderungen der EU und Russlands werden dabei einbezogen. |