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Religion, Konfession und Geschlecht im 19. und 20.Jahrhundert - Einzelansicht

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Grunddaten
Veranstaltungsart Seminar Langtext
Veranstaltungsnummer 212854 Kurztext
Semester SS 2023 SWS 2
Teilnehmer 1. Platzvergabe 20 Max. Teilnehmer 2. Platzvergabe 24
Rhythmus keine Übernahme Studienjahr
Credits für IB und SPZ
E-Learning
Hyperlink
Sprache Deutsch
Belegungsfrist Zur Zeit keine Belegung möglich
Abmeldefristen


Termine Gruppe: 0-Gruppe iCalendar Export für Outlook
  Tag Zeit Rhythmus Dauer Raum Lehrperson (Zuständigkeit) Status Bemerkung fällt aus am Max. Teilnehmer 2. Platzvergabe
Einzeltermine anzeigen Di. 14:00 bis 16:00 w. 11.04.2023 bis
04.07.2023
Fürstengraben 1 - SR 169 Herold-Schmidt, Hedwig Dr. phil. ( verantwortlich ) findet statt  
Gruppe 0-Gruppe:



Zugeordnete Person
Zugeordnete Person Zuständigkeit
Herold-Schmidt, Hedwig , Dr. phil. verantwortlich
Zuordnung zu Einrichtungen
Seminar für Volkskunde und Kulturgeschichte
Inhalt
Kommentar

       

Bachelor

BA_KG 2 B, BA_KG 4 B

Master

MKG 3 B, MKG 4B, MWKG

Lange Zeit ging man davon aus, dass mit zunehmender Modernisierung der Gesellschaften Religion immer unwichtiger würde. Aber ganz im Gegensatz dazu lässt sich im 19. Jahrhundert ein erneuter Bedeutungszuwachs von Religion beobachten, der mit einer Vertiefung der konfessionellen Gräben einherging, die bis weit ins 20. Jahrhundert weiterwirkte. Zudem verfestigten sich im „bürgerlichen Jahrhundert” Vorstellungen vom Verhältnis der Geschlechter, die von einer ausgesprochenen Polarität, aber auch von Komplementarität geprägt waren. Frömmigkeit wurde vor allem dem weiblichen und häuslichen Bereich zugewiesen, aber in einer Gesellschaft mit oft starr abgegrenzten konfessionellen Milieus mussten natürlich auch Männer Stellung beziehen, sei es in Vereinen, in den Gemeinden, in Politik oder konfessioneller Presse.

Daher stellt sich die Frage, wie Religion, Konfession und Geschlecht zusammenhingen. Zwei Grundannahmen leiten dabei die Forschungen zum Verhältnis von Religion und Geschlecht: zum einen, dass für die Konstruktion von Geschlechterrollen die religiösen Traditionen einer Kultur von Bedeutung sind, und zum anderen, dass Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit wiederum auf religiöse Praktiken und Symbole zurückwirken. Wie also drückten sich diese Vorstellungen und Entwicklungen in geschlechterspezifischen religiösen Praktiken aus? Welche Handlungsräume und Handlungsspielräume eröffnete dies in einer Gesellschaft, die rasante Wandlungsprozesse nicht nur sozio-ökonomischer Natur erlebte? Gab es etwa spezifisch männliche bzw. weibliche Frömmigkeitsformen?

Noch bis weit ins 20. Jahrhundert wurde Frauen ein besonders enges Verhältnis zu Religion und Kirche nachgesagt. So gibt es zahlreiche Hinweise, dass Religion im 19. Jahrhundert konfessionsübergreifend im Leben von Frauen eine größere – oder andere – Rolle spielte als in dem von Männern. Bei den Katholikinnen sprechen häufige Gottesdienstbesuche, die rege Teilnahme an Pilgerfahrten sowie die Mitgliedschaft in Gebetsgemeinschaften und Vereinen dafür. Weibliche Orden und Kongregationen erhielten vermehrten Zulauf, und zahlreiche Frömmigkeitspraktiken des ultramontanen Katholizismus gelten als spezifisch weiblich konnotiert. Hier ist etwa an die intensive Herz-Jesu-Devotion und vor allem an die expandierende Marienverehrung zu denken. Der Kult um Maria fand seinen Ausdruck in zahlreichen Erscheinungen und Wundern, die ihrerseits oft Ausgangspunkt von Wallfahrtsbewegungen wurden. Auch stigmatisierte Frauen spielten in diesem Kontext eine besondere Rolle. Insofern werden wir auch Fragen von Spiritualität, Devotion und Körperlichkeit thematisieren. In den protestantischen Kirchen erlebte die Tätigkeit in der Diakonie intensives Interesse. Auch an die Stellung der Frau im evangelischen Pfarrhaus wäre zu denken, ihre Rolle im Pietismus oder die Aufgabenfelder protestantischer Frauen im karitativen Bereich, in der Mission, etc. Dabei waren Handlungsräume und Handlungsspielräume von Frauen in den verschiedenen Konfessionen, Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften durchaus unterschiedlich gestaltet. In einigen von ihnen erweiterte sich der weibliche Aktionsradius, etwa bei den Deutschkatholiken.

Dies hat zur These von der Feminisierung der Religion im 19. Jahrhundert geführt, die wir im Seminar kritisch hinterfragen wollen: Formen und Dimensionen weiblicher und männlicher Frömmigkeit werden vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen der Zeit ausgelotet. Viele Fragen sind dabei zu stellen: Wie unterscheiden sich Partizipationsmöglichkeiten von Männern und Frauen am religiösen Leben? Wie wandeln sich religiös geprägte Geschlechterbilder und Geschlechterrollen an den Schnittstellen von Religion und Lebenswelt? Welchen Einfluss hatte die Religion auf die Selbstbilder von Männern und Frauen, auf ihre Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit? Mit welchem Erfolg gestalteten Religion und Konfession geschlechtsspezifische Rollenverteilungen und Handlungsmöglichkeiten auch außerhalb des kirchlichen Raumes? Etwa in der Ehe, in der Familie, im Arbeitsleben?

Während sich die Forschung lange Zeit auf die Frauen konzentrierte, sind in den letzten Jahren verstärkt die Männer in den Fokus gerückt. Dieser auf religiöse Männlichkeit konzentrierte Perspektivenwechsel fragt etwa nach Religiosität als Faktor männlicher Identitätsbildung und Formen der Konstruktion von Männlichkeiten. In diesem Zusammenhang wird auch eine Remaskulinisierung der Religion ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert diskutiert. Das geschah u.a. durch die Propagierung einer muscularchristianity, wobei durch Sport die Männer in die Kirchen zurückgeholt werden sollten, oder durch „Vermännlichung” von Devotionsformen, die als spezifisch weiblich betrachtet wurden, wie z.B. dem Herz-Jesu-Kult.

Literatur

Einführende Literatur: Ann Taylor Allen: Religion und Geschlecht. Ein historiographischer Überblick zur neueren deutschen Geschichte, in: Karen Hagemann/Jean H. Quataert (Hrsg.): Geschichte und Geschlechter. Revisionen der neueren deutschen Geschichte, Frankfurt am Main 2008, S. 205-226.Ute Gause: Kirchengeschichte und Genderforschung. Eine Einführung in protestantischer Perspektive, Tübingen 2006. Ute Gause u.a. (Hrsg.): Starke fromme Frauen? Eine Zwischenbilanz konfessioneller Frauenforschung heute, Hofgeismar 2000. Lene Sjørup/Hilda Rømer Christensen (Hrsg.): Pieties and Gender, Leiden 2009. Hugh McLeod: Weibliche Frömmigkeit – männlicher Unglaube? Religion und Kirchen im bürgerlichen 19. Jahrhundert, in: Ute Frevert (Hrsg.): Bürgerinnen und Bürger. Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert, Göttingen 1988, S. 134-156. Bernhard Schneider: Feminisierung der Religion im 19. Jahrhundert. Perspektiven einer These im Kontext des deutschen Katholizismus, in: Trierer Theologische Zeitschrift 111 (2002), S. 123-148. Tine van Osselaer/Thomas Buermann: Feminisation Thesis: A Survey of International Historiography and a probing of Belgian grounds, in: Revue d’HistoireEcclésiastique 103 (2008), S. 497-544. Irmtraud Götz von Olenhusen (Hrsg.): Frauen unter dem Patriarchat der Kirchen. Katholikinnen und Protestantinnen im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1995.Lucian Hölscher: Weibliche Religiosität?“ Der Einfluß von Religion und Kirche auf die Religiosität von Frauen im 19. Jahrhundert, in: Margret Kraul/Christoph Lüth (Hrsg.): Erziehung der Menschen-Geschlechter. Studien zur Religion, Sozialisation und Bildung in Europa seit der Aufklärung, Weinheim 1996, S. 45-62. Björn Krondorfer: Men and Masculinities in Christianity and Judaism: A Critical Reader, Stanford 2009. Björn Krondorfer: Religion und Theologie, in: Stefan Horlacher u.a. (Hrsg.): Männlichkeit. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2016, S. 204-218. Bernhard Schneider: Auf der Suche nach dem katholischen Mann. Konstruktionen von Männlichkeit in deutschsprachigen katholischen Männerbüchern im 19. und 20. Jahrhundert, in: Historisches Jahrbuch 130 (2010), S. 245-295. Yvonne Maria Werner (Hrsg.): Christian Masculinity. Men and Religion in Northern Europe in the 19th and 20th Centuries, Leuven 2011. Tine van Osselaer u. a.: The Devotion and Promotion of Stigmatics in Europe, c. 1800-1959. Between Saints and Celebrities, Leiden 202. Alexander Maurits/Erik Sidenvall, Erik/Johannes Ljungberg (Hrsg.): Cultures in Conflict. Religion, History and Gender in Northern Europe c. 1800–2000, Bern 2021. Hubert Wolf (Hrsg.): Wahre und falsche Heiligkeit. Mystik, Macht und Geschlechterrollen im Katholizismus des 19. Jahrhunderts, Berlin/Boston 2017.

Bemerkung

Voraussetzung für den Erwerb von Leistungspunkten: Die Modulprüfung besteht in der Abfassung einer Hausarbeit. Erwartet wird die regelmäßige, aktive Teilnahme.

Bemerkungen: Referate für das Modul „Fachspezifische Schlüsselqualifikationen FSQ“ im Bachelorstudiengang sind möglich.

Strukturbaum
Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester SS 2023 , Aktuelles Semester: SoSe 2024

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