Kommentar |
Der Dialog „Timaios” gilt als das naturphilosophische und bekannteste Werk Platons, dessen Rezeptionsgeschichte von der Antike über das Mittelalter bis zur Romantik hinaus reicht. Der Gegenstand ist in einer Analogie zum Dialog „Politeia” bestimmt, nämlich in der Frage nach der Entstehung und besten Konstitution des Kosmos. – In der „Politeia” ist die Einheit des Staats und die Harmonie der Seele als die notwendige Bedingung für einen gerechten Staat erwiesen und die These des Philosophenkönigs wird unter der Idee des Guten vertreten; im „Timaios” ist die kosmische Ordnung mit dem Konzept des gütigen Schöpfers verknüpft , der als der Werkmeister des Weltalls der schöpferische Gestalter des Seins und als die notwendige Bedingung für die Nachahmbarkeit des Guten für das werdende Seins erfasst ist. Nicht nur in einer Kosmologie, sondern auch in einer Psychologie (Seelen- und Intellektlehre), Somatologie und Physiognomie entwirft Platon ein Bild des Weltalls in einer wohl geordneten Verbundenheit zwischen dem Kosmos und den Menschen. Dabei gewinnen die Denkelemente, die Platon in seinen anderen Werken entwickelt, ihre praktischen Vollzugsform; wie die fünf höchsten Gattungen (mégista géne) - fünf Begriffe in einem denkoperativen Zusammenhang - nämlich Sein, Identität, Differenz, Bewegung und Ruhe für die Gegenstanderkenntnis, welche das Pendant zu den aristotelischen Kategorien bilden, („Sophistes”) und die Konzeption der Mischung als des Werdens zum Sein für die Bestimmung des Guten für den Menschen ("Philebos") . Die Geltung und Relevanz der platonischen Theoreme sind u. a. aus der Perspektive der modernen Naturwissenschaft zu reflektieren und philosophisch durchzudenken: was bedeutet die Beseeltheit des Kosmos und damit die Intelligibilität des Weltalls? Hat Platons Auffassung einen naturwissenschaftlichen Sinn? Inwiefern ist der Mensch als die individuelle Seele ein Mikrokosmos? Was ist Zeit und wie ist die Selbstbewegung der Seele zu verstehen? Welche Ästhetik vertritt Platon?
Im Seminar werden wir uns u. a. darum bemühen, diese skizierten Fragen anhand der Textanalyse zu beantworten. Das Seminar bietet den Studierenden den Raum an, sich mit Platons Werk bekannt zu machen und auseinanderzusetzen. Im Moodle werden der Reader und die Seminarunterlagen aufgestellt. Textvorbereitung und Referat sind wie üblich vorgesehen. |