Kommentar |
Gegenüberstellungen wie „methodologischer Holismus” und „methodologischer Individualismus”, „Objektivismus” und „Subjektivismus” sowie schließlich auch „Struktur-” und „Handlungstheorie” repräsentieren in der Soziologie nicht nur konkurrierende Theorieprogramme, sondern auch scheinbar unvereinbare Perspektiven auf die soziale Wirklichkeit: Sollen wir die Gesellschaft in ihrer Entstehung und ihrem Wandel aus der (mehr oder weniger automomen) Handlungspraxis von Menschen erklären oder umgekehrt das Handeln von Individuen, letztlich vielleicht sogar alles, was wir als soziale Akteur_innen 'sind', auf die Einwirkung gesellschaftlicher Kräfte und Zwänge zurückführen? Beide Perspektiven haben jeweils bestimmte Argumente für sich, gleichzeitig erweisen sie sich vor dem Hintergrund von Alltagserfahrungen auf den ersten Blick als unzulässige Verkürzungen bzw. 'Halbierungen' der Wirklichkeit (z.B. angesichts der Tatsache, dass wir täglich Entscheidungen treffen können und auch müssen, ohne jemals alle Bedingungen unseres sozialen Lebens kontrollieren zu können).
Im Seminar werden nach einer Einführung in diese Problematik zwei neuere sozial- und gesellschaftstheoretische Ansätze diskutiert (Pierre Bourdieus Praxistheorie und Anthony Giddens Strukturationsansatz), die auf eine Überwindung des Denkens in solchen Gegensätzen zielen. Dabei soll schließlich auch verglichen werden, ob und welche Erkenntnisgewinne hiervon für die Analyse von empirischen Gegenstandsbereichen wie Macht und Herrschaft, Geschlechterordnungen und sozialen Medien in der Gegenwartsgesellschaft zu erwarten sind. |