Kommentar |
2022 beleuchtete die Kunsthalle Osnabrück in einer Tagung zum Thema „Decolonizing Romantik“ Auswirkungen kolonialer Diskurse auf visuelle Kulturen. Das zentrale Anliegen der Konferenz war es, postkoloniale Methoden für eine neuartige Auseinandersetzung mit der Kultur der Romantik fruchtbar zu machen.
Das Seminar greift diesen Ansatz auf, um über die methodische Engführung von postkolonialen und kunsthistorischen Perspektiven die Kunst der Romantik neu zu diskutieren. Es ist die Absicht, den eurozentristischen Blick auf die Romantik kritisch zu hinterfragen und vielmehr auf die globale Dimension des Phänomens zu fokussieren. Dabei sollen ausgewählte Bildwerke der Romantik vor dem Hintergrund von Alteritätskonstruktionen und kolonialen Strukturen besprochen werden. Neben der Repräsentation des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ in visuellen Entwürfen wird es auch um das Verhältnis von Romantik und Kolonialismus gehen.
Im Verlauf der Veranstaltung sind sowohl Theoriediskussionen als auch ausgewählte Bildlektüren angedacht. Anhand von Schlüsseltexten der Postcolonial Studies von Edward Said, Stuart Hall, Homi K. Bhabha, Gayatrie Chakravorty Spivak und anderen werden wir Konstruktionsmechanismen kultureller Identität und transkulturelle Wechselwirkungen besprechen. Auch werden wir zentrale Begriffe wie ‚Orientalismus‘, ‚Primitivismus‘ und ‚Exotismus‘ erörtern. Mit Blick auf die Romantik werden wir etwa fragen, inwiefern im Zuge der Herausbildung romantischer (Bild)Erfahrungen ‚exotische‘ Projektionsräume eine entscheidende Rolle spielten. Im Rahmen der Bilddiskussionen werden wir unter anderem Arbeiten von Marie-Guilhelmine Benoist, Eugène Delacroix, Anne-Louis Girodet, Raden Saleh, Carl Christian Vogel von Vogelstein, Moritz Rugendas und Ferdinand Pettrich besprechen.
Für das gute Gelingen des Seminars ist die Bereitschaft, theoretische Texte zu lesen und zu diskutieren, unabdingbar. Das Seminar soll von einer Exkursion in das Dresdner Albertinum begleitet werden, um in situ romantische Werke in (neuen) kuratorischen Kontexten zu erschließen. |
Literatur |
Allerstorfer, Julia und Leisch-Kiesl, Monika (Hg.): Global Art History. Transkulturelle Verortungen von Kunst und Kunstwissenschaft, Bielefeld 2017.
Förschler, Silke: Bilder des Harem. Medienwandel und kultureller Austausch, Berlin 2010.
Fulford, Tim. Romantic Indians. Native Americans. British Literature, and Transatlantic Culture, 1756-1830. Oxford 2006.
Reuter, Julia und Karentzos, Alexandra (Hg.): Schlüsselwerke der Postcolonial Studies, Wiesbaden 2012.
Schmidt-Linsenhoff, Viktoria: Ästhetik der Differenz. Postkoloniale Perspektiven vom 16. bis 21. Jahrhundert, 2 Bde., Marburg 2010.
Schmidt-Linsenhoff, Viktoria: Postkolonialismus, in: Kunsthistorische Arbeitsblätter, Nr. 7/8, 2002, S. 61-72. |