Kommentar |
Zumeist mit ‚Nachahmung‘ übersetzt spielt der altgriechische Begriff der Mimesis bis heute in der Kunst- und Bildwissenschaft eine zentrale Rolle. Mit Blick auf so unterschiedliche Phänomene wie z. B. die antike Legende von Zeuxis und Parrhasios, das Trompe-l’Öil, Performance-Kunst, Computersimulationen oder Memes kommen sehr unterschiedliche Konzepte und mediale Ausformungen von Mimesis zum Tragen. Aber was und wie wird eigentlich jeweils nachgeahmt, dargestellt oder verändert? Und wie wird in den unterschiedlichen Medien Mimesis jeweils prozessualisiert?
Mit der theoretischen Berufung auf Mimesis-Konzepte geht es nicht allein um ästhetische und normative Werturteile, sondern auch um ethisch-politische Fragen in der Spannung von Täuschung und dem Bewusstsein von Medialität und Bildlichkeit. So erfährt Mimesis in der Kunst- und Medientheorie historisch sehr unterschiedliche Bewertungen, sei es als lobende Auszeichnung oder als Niedergang der Innovation und falscher Schein.
Das Seminar widmet sich verschiedenen historischen Konzeptionen und Bewertungen von Mimesis von der Antike bis in die Gegenwart. Dabei soll es auch um die Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten wie imitatio oder Mimikry gehen. Hierfür werden zentrale theoretische Texte gemeinsam gelesen und – mit Blick auf konkrete Beispiele aus der Kunstgeschichte und der visuellen Kultur – diskutiert. |
Literatur |
- Aristoteles: Poetik. Griechisch/Deutsch, hg. und übers. von Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1982.
- Friedrich Balke und Elisa Linseisen (Hg.): Mimesis Expanded. Die Ausweitung der mimetischen Zone, Paderborn 2022
- Friedrich Balke: Mimesis zur Einführung, Hamburg 2018.
- Friedrich Balke und Hanna Engelmeier (Hg.): Mimesis und Figura: Mit einer Neuausgabe des ‚Figura‘-Aufsatzes von Erich Auerbach, Paderborn 2016.
- Friedrich Balke und Elisa Linseisen (Hg.): Mimesis Expanded. Die Ausweitung der mimetischen Zone, Paderborn 2022.
- Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. I.2, Frankfurt am Main 1991, S. 471-508.
- Hans Blumenberg: „Nachahmung der Natur”. Zur Vorgeschichte der Idee des schöpferischen Menschen, in: ders.: Wirklichkeiten, in denen wir leben. Aufsätze und eine Rede, Stuttgart 1981, S. 55-103.
- Georges Didi-Huberman: Die mimetische Unbändigkeit, in: Mirjam Schaub und Nicola Suthor (Hg.): Ansteckung. Zur Körperlichkeit eines ästhetischen Prinzips, Paderborn 2005, S. 153-166.
- Gunter Gebauer und Christoph Wulf: Mimesis. Kultur – Kunst – Gesellschaft, Hamburg 1992.
- Gertrud Koch, Martin Vöhler und Christiane Voss (Hg.): Die Mimesis und ihre Künste, München 2010.
- Hans Körner: Die Trauben des Zeuxis: Formen künstlerischer Wirklichkeitsaneignung (Münchner Beiträge zur Geschichte und Theorie der Künste, Bd. 2), Hildesheim/Zürich/New York 1990.
- Helga Lutz und Bernhard Siegert (Hg.): Exzessive Mimesis. Trompe-l’Öil und andere Überschreitungen der ästhetischen Grenze, Berlin 2020.
- Platon: Politeia. In der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, Hamburg 1981.
- Lambert Wiesing: Platons Mimesis-Begriff und sein verborgener Kanon, in: ders.: Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes, Frankfurt a.M. 2005, S. 125-148.
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