Kommentar |
Keine Form der Erkenntnis, Beobachtung und Interpretation literarischer Texte kommt ohne gewisse Modelle, Konzepte und Kategorien aus. In diesem Sinne ist jede Beschäftigung mit Literatur unausweichlich theoriegeleitet. Die Vorstellung eines ‚unverstellten‘ Zugangs zu literarischen Texten ist letztlich Ausdruck einer Verweigerung, die eigenen theoretischen und methodischen Prämissen in der Auseinandersetzung mit diesen Texten zu reflektieren. Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Literatur ist eben diese Reflexion der Bedingungen der eigenen Tätigkeit grundlegend. Die Beschäftigung mit unterschiedlichen Literaturtheorien im Rahmen des Seminars richtet sich daher auf folgende Ziele: - Implizite theoretische Vorannahmen, die den eigenen interpretierenden Umgang mit literarischen Texten bestimmen (und durchaus ihre Berechtigung haben können), sollen bewusst gemacht werden. - Neue bzw. alternative Perspektiven auf literarische Texte werden eröffnet. - Die bestehende Methodenvielfalt des Faches wird vorgestellt. Dabei wird geholfen, den sich mitunter einstellenden Eindruck der Unüberschaubarkeit zu überwinden. - Die Kompetenz gegebene Interpretationen in der kennengelernten Theorielandschaft zu verorten wird vermittelt. Diese Befähigung zur Orientierung ist angesichts einer Praxis entscheidend, in der Theorien selten in „Reinform“ vertreten werden. Vielmehr kombinieren Interpretinnen und Interpreten häufig Versatzstücke aus verschiedenen Theorien, ohne dies explizit zu thematisieren. Insgesamt soll das Spektrum an Möglichkeiten erweitert werden, literarische Texte eigenständig und reflektiert zu analysieren und zu interpretieren. Erarbeitet werden insbesondere diejenigen theoretischen Ansätze, die heute noch vertreten werden bzw. die den aktuellen Theorien als Bezugspunkte dienen – sei es für deren Weiterentwicklung oder in kritischer Abgrenzung von diesen. |