Kommentar |
Die Perspektiven auf die Außenpolitik des Kaiserreiches in der Ära Wilhelm II. haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten durch eine Vielzahl, oft auf neuer oder neubewerteter Quellenbasis stehender Untersuchungen verschoben: Stärker als zuvor werden, neben den zweifelsohne wirksamen Dynamiken imperialistisch-sozialdarwinistisch geprägter, von militärischen Utopien getriebener Politikkonzepte und der Verfestigung der Bündnissysteme Faktoren der Offenheit und Flexibilität in den internationalen Beziehungen der beiden Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg gewichtet, die das eindimensionale Bild einer „Einbahnstraße“ in den Krieg als zunehmend unzureichend erscheinen lassen. Das Seminar fragt an ausgewählten Hauptproblemen der deutschen Außenpolitik zwischen dem Ausscheiden Bismarcks und der Julikrise 1914 nach der Tragfähigkeit dieser Neubewertungen.
Literatur: Gregor Schöllgen (Hrsg.), Flucht in den Krieg? Die Außenpolitik des kaiserlichen Deutschland, Darmstadt 1991; Holger Afflerbach, Der Dreibund. Europäische Großmacht- und Allianzpolitik vor dem Ersten Weltkrieg, Wien u. a. 2002; Friedrich Kießling, Gegen den „großen Krieg“. Entspannung in den internationalen Beziehungen 1911-1914, München 2002; Günther Kronenbitter, „Krieg im Frieden“. Die Führung der k.u.k. Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns 1906-1914, München 2003; Stephen Schröder, Die englisch-russische Marinekonvention. Das Deutsche Reich und die Flottenverhandlungen der Tripelentente am Vorabend des Ersten Weltkriegs, Göttingen 2006; Konrad Canis, Der Weg in den Abgrund. Deutsche Außenpolitik 1902-1914, Paderborn u. a. 2011; Andreas Rose, Zwischen Empire und Kontinent. Britische Außenpolitik vor dem Ersten Weltkrieg, München 2011. |