Kommentar |
Die Zeit zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem Zweiten Weltkrieg war geprägt von einer grundlegenden Transformation internationaler Politik: Auf der einen Seite entwickelte sich Europa zu einem Krisenherd mit zahlreichen zwischenstaatlichen Konflikten und Kriegen. Gleichzeitig weiteten die europäischen Mächte, die USA und Japan ihren globalen Zugriff auf Ressourcen und Menschen massiv aus. Dieser Prozess ging einher mit einer Verrechtlichung internationaler Beziehungen und der Entstehung internationaler und transnationaler Organisationen.
Längst haben Historiker:innen die Diplomatie- und Politikgeschichte, die das Forschungsfeld lange Zeit bestimmten, durch u.a. sozialgeschichtliche und kulturgeschichtliche Ansätze ergänzt, um ein umfassenderes Verständnis globaler Prozesse zu entwickeln. In diesem Sinne nähert sich das Seminar der internationalen Politik des imperialen Zeitalters aus einer gendergeschichtlichen Perspektive. Erstens nimmt es Geschlechterdiskurse in den Blick: Welche Rolle spielten diese in den Beziehungen zwischen Staaten, in der Arbeit internationaler Organisationen und NGOs sowie in außenpolitischen Aushandlungsprozessen? Und wie wirkte internationalisierte Politik auf Geschlechterrollen zurück? Zweitens schaut das Seminar auf Partizipationskämpfe: Welche Funktion kam der Kategorie Gender zu, wenn es um die Frage ging, wer grenzübergreifende Politik gestalten konnte und wer nicht?
Literatur: Eric Hobsbawm, Das imperiale Zeitalter 1875-1914. Darmstadt 2019; Zara Steiner, The Lights that Failed. European International History, 1919-1933. Oxford 2005; Claudia Opitz-Belakhal, Geschlechtergeschichte. Frankfurt a.M. 2018. |