Kommentar |
In den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein für das problematische Erbe des Kolonialismus in der zivilgesellschaftlichen wie in der fachwissenschaftlichen Debatte gewachsen. An immer mehr Stellen ist koloniales Erbe sichtbar und zum Gegenstand kritischer Auseinandersetzung gemacht worden: in der Kritik an Orts- und Straßennamen, die nach Kolonialherren benannt wurden, in der Analyse rassistischer Denk- und Sprechweisen, in der koloniale Wahrnehmungen fortwirken, und in der Beschäftigung mit Museumbeständen aus kolonialen Kontexten. Der Streit um das Humboldt Forum ist dafür exemplarisch. Noch viel zu wenig beachtet wurde dabei, dass sich koloniales Erbe nicht auf die „klassische“ Zeit des deutschen Kolonialismus des 19. Jahrhunderts beschränkt, sondern bis weit in die Frühe Neuzeit zurückreicht. Die frühneuzeitlichen Kunst- und Wunderkammern waren die ersten Orte, an denen Objekte aus kolonialen Kontexten gesammelt und ausgestellt wurden. Oft stellen sie den Grundstock heutiger Museumsbestände dar. Das Seminar führt in die Thematik des kolonialen Erbes ein, zielt auf eine kritische Beschäftigung mit Objekten aus kolonialen Kontexten, wobei auch frühneuzeitliche Objekte in den Blick genommen werden, und schlägt den Bogen zur gegenwärtigen Debatte um Restitution. Eine Exkursion zum Humboldt Forum ist Teil des Seminars.
Zum Einlesen: Savoy, Bénédicte, Afrikas Kampf um seine Kunst. Geschichte einer postkolonialen Niederlage, München 2021. |