Kommentar |
Die Gattung der Kurzgeschichte erfährt in der deutschsprachigen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg starke Verbreitung. Dies erklärt sich unter anderem mit einer zunehmenden Orientierung an US-amerikanischer Literatur, denn der Begriff und die Gattung der Kurzgeschichte gehen auf die englische Short Story zurück. Kurzgeschichten lassen sich charakterisieren als Erzählungen von geringem Umfang, mit wenigen Figuren und konzentrierter Handlung, die oft an nur einem Ort stattfindet. Im Unterschied zur Novelle, die ein ›unerhörtes Ereignis‹ erzählt, handeln Kurzgeschichten zumeist von Alltäglichem. Aufgrund dieser Merkmale wurde die Kurzgeschichte häufig als spezifisch moderne oder postmoderne Gattung verstanden, mit der man Sinnverlust beklagt oder von der Geste literarischer Sinnstiftung, vom Entwurf einer ›großen Erzählung‹ bewusst Abstand nimmt. Im Seminar besprechen wir berühmte Kurzgeschichten der Nachkriegszeit von Wolfgang Borchert oder Heinrich Böll und verfolgen die Entwicklung dieser Gattung bis in die Gegenwartsliteratur, bis zu Autor:innen wie Ingo Schulze, Judith Hermann oder Maxim Biller. Schließlich werden auch Bezüge zu amerikanischen Vorbildern hergestellt, etwa zu den Short Stories von Raymond Carver. |