Kommentar |
Bachelor
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BA_VK 2, BA_VK 4 B
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Master
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MVK 2, MVK 4, MWVK
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Der politische und wirtschaftliche Umbruch von 1989/90 und die sich daran anschließende Transformation hat die Lebenswege vieler Menschen beeinflusst. Besonders deutlich wird das anhand des Berufslebens: In Ostdeutschland konnten junge Erwachsene auf einmal ihren Studienplatz frei wählen, während viele Ältere sich mit einem abrupten Ende und womöglich der Entwertung ihrer Berufsbiografie konfrontiert sahen. Andere konnten zwar in ihrem Betrieb bleiben, mussten sich aber oftmals auf eine neue Arbeitskultur einstellen. Wieder andere entschlossen sich zu einem beruflichen Neuanfang – in Form einer Umschulung oder dem Gang in die Selbstständigkeit. Bereits diese skizzenhafte Darstellung lässt erahnen, wie unterschiedlich die biografischen Erfahrungen in der Transformation seit 1989/90 waren. Für die Akteurinnen und Akteure ist dabei von großer Bedeutung, ob sie Brüche im Berufsleben als selbst- oder fremdbestimmt erlebten.
Im Seminar wollen wir der Frage nachgehen, inwiefern gesellschaftliche Transformationen sich in die Biografie einschreiben. Dabei geht es auch um die retrospektive Bedeutungszuschreibung in biografischen Erzählungen. Einen Schwerpunkt wird daher die Frage bilden, wie Akteurinnen und Akteure selbst ihre Lebenswege beschreiben und deuten. Welche Rolle weisen sie der Transformation zu? Wie haben sie sie erlebt? Welche Möglichkeiten und Grenzen gingen für sie damit einher? Welche Rolle spielten Generationszugehörigkeiten? Wie wirken die Erfahrungen nach und sind heute noch präsent? Wie wurden diese Erfahrungen in Familiengedächtnisse eingespeist?
Die Lehrveranstaltung will auch eine Einführung in die Biografieforschung sein, die Lebenswelten, Alltage und historische Prozesse aus der Perspektive der Subjekte untersucht. Wir werden danach fragen, wie Akteure und Akteurinnen Lebensverläufe sinngebend als Biografien konstruieren und welche Bedeutung Erinnern und Erzählen dabei einnehmen. Dabei beschäftigen wir uns mit grundlegenden Quellen und Methoden der Biografieforschung, insbesondere narrativen Interviews und Ego-Dokumenten. Im Verlauf des Seminars wenden wir uns zudem Vermittlungsformaten, wie zum Beispiel Ausstellungen und Online-Portalen, zu. |
Literatur |
Einführende Literatur : Albrecht Lehmann: Reden über Erfahrung. Kulturwissenschaftliche Bewusstseinsanalyse des Erzählens, Berlin 2007. Julia Obertreis/Anke Stephan (Hrsg.): Erinnerungen nach der Wende: Oral History und (post)sozialistische Gesellschaften, Essen 2009. Mary Fulbrook: Generationen in zwei deutschen Diktaturen. Lebensgeschichten, Gewalt und Gedächtnis, in: Dies.: Erfahrung, Erinnerung, Geschichtsschreibung. Neue Perspektiven auf die deutschen Diktaturen., Göttingen 2016, S. 35–61. Jacques Picard: Biografie und biografische Methoden, in: Christine Bischoff/Karoline Oehme-Jüngling/Walter Leimgruber (Hrsg.): Methoden der Kulturanthropologie, Bern 2014, S. 177–194. Manfred Seifert/Sönke Friedreich (Hrsg.): Alltagsleben biografisch erfassen. Zur Konzeption lebensgeschichtlich orientierter Forschung, Dresden 2009. |
Bemerkung |
Voraussetzung für den Erwerb von Leistungspunkten: Die Modulprüfung besteht in der Abfassung einer Hausarbeit. Für Masterstudierende ist ein Referat im Seminar verpflichtend. Erwartet wird die regelmäßige, aktive Teilnahme.
Bemerkungen: Referate für das Modul „Fachspezifische Schlüsselqualifikationen FSQ“ im Bachelorstudiengang sind möglich. |