Kommentar |
Eine der Grundannahmen der neutestamentlichen Wissenschaft lautet, dass bei den Schriften des NT (wie bei allen anderen Texten auch) mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass deren uns vorliegende Endgestalt Ergebnis eines Wachstums- bzw. Redaktionsprozess ist. Ein Teil der Methoden, die das ntl. Proseminar vermittelt, zielt auf diese „diachrone“ Analyse der Texte. Zum Teil können aufgrund solcher angenommener Wachstumsprozesse Etappen frühester christlicher Theologiegeschichte erschlossen werden. Andere Methoden konzentrieren sich ganz auf Formmerkmale, Gattungsgesetze und Textstrukturen des vorliegenden Textes, fragen „synchron“ nach internen Verweiszusammenhängen im engeren und weiteren Kontext einer einzelnen Schrift, etwa eines Evangeliums oder eines Briefes. Wieder andere Methodenschritte untersuchen das zeit-, kultur-, sozial- und religionsgeschichtliche Umfeld einzelner Texte und Textaussagen. Zusammen bilden diese Methoden den klassischen Kanon der historisch-kritischen Exegese. Zwar wird dieser Kanon seit einigen Jahren durch neuere literatur-, kultur- und sozialwissenschaftliche Ansätze sinnvoll ergänzt und z.T. auch begründet in Frage gestellt. Gleichwohl gehören namentlich die diachronen Analyseschritte nach wie vor zum Grundbestand einer langen Wissenschaftstradition, der sich das Gros heutiger neutestamentlicher Forschung verdankt. |
Literatur |
Novum Testamentum Graece, 28. Auflage, Stuttgart 2012; Martin Ebner, Bernhard Heininger: Exegese des Neuen Testaments. Ein Arbeitsbuch für Lehre und Praxis Paderborn Stuttgart 4. Aufl. 2018 |