Kommentar |
Sardinien stellt bereits an sich – als Insel – einen Sonderfall in der italienischen Kultur- und Literaturgeschichte dar. Sardinien kann aber als ein Sonderfall im Sonderfall gelten, insofern nämlich, als sich die große Mittelmeerinsel über die Jahrhunderte bzw. gar über die Jahrtausende eine einzigartige kulturelle Identität bewahrt hat. Der Jenaer Archäogenetiker Johannes Krause bezeichnet nicht von ungefähr die Sarden als „genetische Fossilien“ (Krause, Johannes / Trappe, Thomas: Die Reise unserer Gene. Eine Geschichte über uns und unsere Vorfahren, Berlin: Propyläen, 2019, S. 105). Die Sarden haben ihre eigene (romanische) Sprache, die sie bis heute pflegen. Das Italienische hat sich vergleichsweise spät, wohl erst im Laufe des 19. Jahrhunderts als literarische Sprache entwickelt. Umso spektakulärer ist die Blüte der sardischen Literatur im 20. und 21. Jahrhundert, die mit den Namen von Grazia Deledda (Nobelpreis für Literatur 1926), Antonio Gramsci, Salvatore Satta, Gavino Ledda, Sergio Atzeni und Michela Murgia verbunden ist. Noch spektakulärer ist die herausgehobene Rolle, die gerade Autorinnen in der jüngeren Geschichte der italienischen Literatur auf Sardinien spielen, angefangen mit Grazia Deledda, die eine eigenen Weg zum Roman zwischen Verismo und romanzo psicologico fand, bis hin zu den Zeitgenossinnen Michela Murgia und Milena Agus.
Gegenstand des Seminars sind drei Erzählwerke von Grazia Deledda, Michela Murgia und Milena Agus, in denen weibliche Figuren im Mittelpunkt stehen. Murgias „sardische Reisebilder“ (Viaggio in Sardegna) sollen ebenfalls zur Einführung in die Besonderheiten der sardischen Kultur herangezogen werden. |
Literatur |
Zur Anschaffung empfohlen:
- Agus, Milena: Mal di pietre, Milano: Mondolibri, 2006; Roma: Nottetempo, 2007 ff. https://www.edizioninottetempo.it/it/mal-di-pietre-2
- Deledda, Grazia: Marianna Sirca. Prefazione di Dante Maffìa, Nuoro: Ilisso, 2007; https://www.ilisso.it/prodotto/marianna-sirca/
- Murgia, Michela: Accabadora, Torino: Einaudi, 2009 ff. https://www.einaudi.it/catalogo-libri/narrativa-italiana/narrativa-italiana-contemporanea/accabadora-michela-murgia-9788806221898/
Zur einleitenden Lektüre empfohlen:
- Murgia, Michela: Viaggio in Sardegna. Undici percorsi nell’isola che non si vede, Torino: Einaudi, 2014.
- Vitali, Fabien: «Die Literaturen Siziliens und Sardiniens», in: Lobin, Antje / Meineke, Eva-Tabea (Hrsg.), Handbuch Italienisch. Sprache - Literatur - Kultur, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2021, S. 421-428.
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