Kommentar |
Im Umfeld des 150. Jubiläums der Reichsgründung von 1871 im Jahre 2021 ist das Deutsche Kaiserreich, um dessen Gründung, Innen- wie Außenpolitik und Entwicklungsfähigkeit seit den 1960er Jahren heftige geschichtswissenschaftliche Kontroversen ausgetragen wurden, erneut in die Diskussion gekommen. Dabei ist, unter anderen Aspekten, die ausgeprägte, aber auch politisch prekäre Bundestaatlichkeit des Kaiserreichs erneut zum Thema geworden. Für den Cambridger Historiker Oliver F. R. Hardt wird sie in seiner jüngst erschienenen neuen Gesamtgeschichte des Kaiserreichs „Bismarcks ewiger Bund“ zum Schlüssel für das Verständnis der gesamten politischen Entwicklung des deutschen Nationalstaates bis 1918. Das Hauptseminar wird unter diesen Vorzeichen die Bundesstaatlichkeit des Kaiserreichs aus aktuellen Perspektiven in den Blick nehmen: Ausgehend von der Entfaltung der Theorie des monarchischen Bundesstaates in der deutschen Staatsrechtslehre der Jahrzehnte vor 1871 sowie der Verfassunggebung wird der Bogen über die verschiedenen Akteure im föderalen System des Kaiserreichs (Kaiseramt zwischen „Präsidentschaft“ und Reichsmonarchie, preußische Hegemonie?, Mittelstaaten und Kleinstaaten, Schattendasein des Bundesrates, Einflussgewinn des Reichstages – Parlamentarisierung?) bis hin zur zentralen Frage der Finanzierung des Bundesstaates im Kaiserreich geschlagen.
Literatur: Oliver F. R. Hardt, Bismarcks ewiger Bund. Eine neue Geschichte des Deutschen Kaiserreiches, Darmstadt 2000. |