Mit den „Teilungen Polens“ wurde 1795 die Polnisch-Litauische Union, einer der größten Territorialstaaten Europas, buchstäblich von der Landkarte getilgt. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs sollte keine Form selbständiger polnischer Staatlichkeit wiedererstehen, vielmehr lagen die drei Teilungsgebiete für über ein Jahrhundert innerhalb dreier benachbarter Imperien: Preußen (ab 1870 Deutsches Reich), Österreich-Ungarn und Russland.
Das Hauptseminar geht auf Grundlage deutsch- und englischsprachiger Quellen schlaglichtartig der Frage nach, inwieweit der Gedanke (national-)polnischer Einheit über die Grenzen hinweg überdauerte und weiterentwickelt wurde, wie Millionen polnischsprachige Menschen das lange 19. Jahrhundert in ihrem jeweiligen Teilungsgebiet erlebten, und wie die imperialen Machtzentren – Berlin, Wien und St. Petersburg – sich jeweils gegenüber „ihrer“ polnischsprachigen Minderheit verhielten. Unruhige Zeiten – wie Aufstände, Revolutionen oder der Erste Weltkrieg – stehen dabei langen Perioden relativer Ruhe gegenüber.
In den einzelnen Sitzungen stellen die Studierenden Dokumente aus dem digitalen Semesterapparat vor, die anschließend im Plenum analysiert und im größeren historischen Zusammenhang diskutiert werden.
Literatur: Jochen Böhler: Civil War in Central Europe. The Reconstruction of Poland, Oxford 2018. John Connelly: From Peoples into Nations. A History of Eastern Europe. Princeton 2020 (ThULB ebook). Pieter M. Judson: Habsburg. Geschichte eines Imperiums, München 2017. Hans-Erich Volkmann: Die Polenpolitik des Kaiserreichs. Prolog zum Zeitalter der Weltkriege. Paderborn 2016. Theodore R. Weeks: Nation and State in Late Imperial Russia. Nationalism and Russification on the Western Frontier, 1863–1914. DeKalb, IL 1996. |