Kommentar |
“Europäer zu sein bedeutet für uns einen reichen Geldbeutel zu haben, keine kulturellen Experimente,” so äußerte sich der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki (PiS) im Sommer 2019 zur Bedeutung der Europäischen Integration für seine Partei und Polen. Solche Äußerungen sind emblematisch für die seit Jahren andauernden Debatten über die EU und ihre Zukunft, Europäische Werte, sowie den Sinn und Zweck europäischer Integration. Viele Regierungsparteien und ihre Vorsitzenden in Ostmitteleuropa üben an der Integration heftige Kritik, die sich vor allem jegliche Einflussnahme auf die nationale Politik verbittet. Die EU wird in diesem Kontext bezichtigt, sich über die eigenen Kompetenzen hinwegzusetzen, sowie bürokratisch und undemokratisch zu sein. Dabei zeigen viele Meinungsumfragen konsistent, dass die Europäische Union und die europäische Integration eine hohe Unterstützung unter den Bürger/innen genießen. Trotzdem bleibt eine hohe Wahlbeteiligung aus.
Ferner ist es ausgerechnet die östliche Flanke der Europäischen Union – Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn – die in den vergangenen Jahren wegen der Rechtsstaatlichkeitsstreite in Polen und Ungarn, der Morde am Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnírová, sowie der europaweit niedrigsten Europawahl-Wahlbeteiligung in der Slowakei, oder der angeblichen Veruntreuung von EU Geldern und der Versuche des tschechischen Prämierministers, die inländischen Medien unter seinen Einfluss zu bringen, zunehmend ins Visier der der Europäischen Institutionen und Medien geraten ist.
Das Seminar setzt sich vor diesem Hintergrund zum Ziel, die seit Jahren andauernden Debatten über die EU und ihre Zukunft, Europäische Werte, sowie den Sinn und Zweck europäischer Integration aus Sicht der Mitgliedsstaaten Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn zu beleuchten. Die Teilnehmer*innen gewinnen im Laufe des Seminares einen umfassenden Einblick in die öffentliche und parteipolitische Meinung gegenüber der EU und setzen sich mit dem Sinn und Wesen der EU, Fragen nach Europäischen Werten und Legitimität der Europäischen Union kritisch auseinander. In diesem Zusammenhang wird im Seminar u.a. den Beweggründen der Ostmitteleuropäer*innen für den Beitritt in die EU, den Erwartungen an die EU Mitgliedschaft, den Vorstellungen über die Zukunft und Kompetenzausstattung der europäischen Institutionen nachgegangen. |