Kommentar |
Der bekannteste Theoretiker des kommunistischen Anarchismus, Peter Kropotkin, starb vor 100 Jahren. Obwohl seine umfassenden Überlegungen zu einer libertär-sozialistischen Gesellschaftsform für folgende außerparlamentarische soziale Bewegungen sehr bedeutend waren, sind seine Schriften über einen gewissen Interessent*innenkreis hinaus nur wenig bekannt. Gleichzeitig wurden Grundgedanken von ihm häufig adaptiert und weiterentwickelt. Er formulierte als engagierter Intellektueller, eine anarchistische Geschichtsphilosophie, eine Staatstheorie, eine politische Anthropologie und eine materialistische Ethik.
Eine vergleichbare Bedeutung kann auch dem Anthropologen David Graeber zugesprochen werden, welcher im letzten Jahr verstarb. Wenngleich Graeber keine alternative Gesellschaftskonzeption entwickelte, spürte er dennoch den anarchistischen und kommunistischen gesellschaftlichen Verhältnissen nach, welche parallel zu denen der staatlich-kapitalistischen Herrschaft bestehen. In vielen seiner theoretischen Grundmotiven zeigt sich der Einfluss durch Kropotkin. Seine populärwissenschaftlichen Publikationen verschafften ihm größere Bekanntheit.
Neben ihrem Plädoyer für den Anarchismus verbindet beide politischen Denker das Engagement in der Öffentlichkeit, mit dem sie Debatten beeinflussten. Kropotkin gab dem libertären Flügel der Arbeiterbewegung eine Stimme, Graeber engagierte sich vor allem in der Anti-Globalisierungsbewegung. Statt sich in der akademischen Blase zu verschanzen, entschieden sie sich dafür, ihre Fähigkeiten und ihre Reputation dafür einzusetzen, marginalisierte politische Positionen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies macht sie für die politische Theorie und Ideengeschichte spannend und lesenswert. Das Seminar wird zweiwöchentlich als Doppelsitzung und in Teilpräsenz stattfinden. Die Termine sind: 25.10. (online), 08.11. (präsenz), 22.11. (online), 06.12. (präsenz), 20.12. (online), 10.01. (präsenz), 24.01. (online), 07.02. (präsenz), 14.02. (online)
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Literatur |
Die Literatur wird digial über moodle zur Verfügung gestellt. Informieren sie sich aber gern auch vorher schon.
- Kropotkin, Peter, Die Eroberung des Brotes, München 1973. - Kropotkin, Peter, Die historische Rolle des Staates, in: Ders., Der Staat, Münster 2008. - Kropotkin, Peter, Ethik. Ursprung und Entwicklung der Sitten, Aschaffenburg 2013. - Graeber, David, Fragments of an Anarchist Anthropology, Chicago 2004. - Graeber, David, Possibilities. Essays on Hierarchy, Rebellion, and Desire, Oppression, Oakland/Eindburg 2007. - Graeber, David, Schulden, Stuttgart 2012.
ergänzend: - Hug, Heinz, Kropotkin zur Einführung - Daniel Loick, Anarchismus - Peter Marshall, Demanding the Impossible |
Bemerkung |
Wer die erste Sitzung der Lehrveranstaltung versäumt, ohne sich vorher schriftlich oder persönlich zu entschuldigen, kann den Anspruch auf einen Platz in der LV verlieren, wenn es mehr Interessenten als Plätze gibt. Dies gilt ungeachtet der Platzzuweisung durch Friedolin und ist im Einklang mit der grundsätzlichen Aufhebung der Anwesenheitspflicht.
Mit anderen Worten: Nehmen Sie bitte an der (Online)-Einführungsveranstaltung am 25.10. teil, um zu entscheiden, ob Sie das Seminar wirklich belegen oder den Platz gegebenenfalls Ihren Kommiliton*innen überlassen wollen. Zudem werden wir dort schön möglichst viele der Referate und Exzerpte vergeben.
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