Mit der Entwicklung der Biographieforschung als eigenständiger Ansatz und der Reflexion qualitativer Methoden als solche in den 1980er Jahren verschiebt sich der Fokus der Aufmerksamkeit auf die soziale Bedeutung von Biographien. Die Frage an das Material ist nun nicht mehr nur, was in Biographien erzählt wird, sondern auch, wie Biographien aufgebaut sind und welche 'gesellschaftlichen Baupläne' es für diese Art der Konstruktionen gibt. Die Biographieforschung gilt heute zwar nicht mehr als ‚Königinnenweg‘ (Dausien), aber weiterhin als ein wichtiger methodischer Zugang zu subjektiven Sinnkonstruktionen und ihren gesellschaftlichen Rückbindungen: „Biographie als theoretisches Konzept thematisiert die subjektive Aneignung und ‚Konstruktion‘ von Gesellschaft […] ebenso wie die gesellschaftliche Konstitution von Subjektivität“ (Dausien 1994).
Die Theorie der Biographie ist damit immer auch Teil des Projekts, das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft näher zu beschreiben. Das Seminar versteht sich als eine Einführung in die Theorie der Biographie. Nach einer Auseinandersetzung damit, was genau Biographie als Datensatz qualitativer Sozialforschung eigentlich auszeichnet, werden Ansätze nachvollzogen, die die so genannten 'geschlechtliche und körperliche Normalbiographie' hinterfragen und Angebote zur Aktualisierung der Theorie der Konstruktion von Biographien machen. Zentrale Themen sind die Verzeitlichung und die 'Bauweise' der Erzählungen.
Bitte beachten Sie also, dass es sich um ein Seminar zur Reflexion der Methodologie biographisch-narrativer Interviews handelt. Wir werden weder über die Praxis der Erhebung von Interviews sprechen, noch Interviews erheben. Verstehen Sie das Seminar entsprechend als theoretische Vertiefung ihrer methodischen Herangehensweise in qualitativ-interpretativer Sozialforschung. |