Kommentar |
Dinge beeinflussen Beziehungen: Sie gehen kaputt (manchmal auch geplant), Plastikverpackungen lassen sich leicht wegwerfen, Holz gilt als warmes und lebendiges Material und zu radioaktivem Müll hält man besser Abstand. Ihre Struktur und Materialität prägen, wie wir uns zu ihnen verhalten, was wir mit ihnen machen können und was die Dinge auch mit uns machen. Die Art und Weise ihrer Beschaffenheit bestimmt, wie wir die Dinge, uns selbst und die Welt erfahren. So lassen sich manche Dinge leichter reparieren als andere, mache sind besser zu gebrauchen als andere, Plastikmüll zerfällt in Mikroplastik und verseucht die Meere und smarte Materialien beginnen selbstständig zu agieren. Welche Dinge uns umgeben, bestimmt, wie wir uns zur Welt verhalten und welche Beziehungen wir zur Welt überhaupt aufbauen können. Die Dinge verfügen also über spezifische Beziehungsqualitäten, die sich entdecken und erfahren lassen.
In dem Seminar werden wir gemeinsam konkrete und zusammen ausgewählte Objekte unter dem Aspekt ihrer Beziehungsqualität betrachten und erarbeiten, welche Aspekte, Eigenschaften und Qualitäten so entdeckt werden können. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie ihre Beschaffenheit die Möglichkeit für Weltbeziehung begünstigt oder hemmt, was gelingende und misslingende Dingbeziehungen sind und was das über unser Verhältnis zur Welt aussagt. Im ersten Teil des Seminars werden wir anhand einer einleitenden Beschäftigung mit Hartmut Rosas Konzept der Resonanz sowie weiteren literarischen, ästhetischen und phänomenologischen Dingbeschreibungen gemeinsam den Ansatz der Phänopraxie erarbeiten, der es uns erlaubt, die Dinge anhand ihrer Beziehungsqualität zu betrachten. Im zweiten Teil wird dieser Ansatz dann zur Analyse gemeinsam ausgewählter Objekte angewandt. Im dritten Teil des Seminars erfolgt dann eine kritische und gesellschaftstheoretische Diskussion unserer Entdeckungen: Welche Beziehungsqualitäten lassen sich beschreiben, was sagen sie über die gesellschaftliche Funktion von Gestaltung und Ästhetik und unser Weltverhältnis aus? Und: Sind wir wirklich in Resonanz mit den Dingen? |
Literatur |
Depraz, Natalie (2012): Phänomenologie in der Praxis. Eine Einführung. Freiburg: Alber.
Repohl, Martin (2020): Politische Subjektivierung durch Dingresonanz. Materialitätssensible politische Bildung in Zeiten der ökologisch-demokratischen Krise. In: Friedrichs, Werner/Hamm Sebastian (Hrsg.): Zurück zu den Dingen! Politische Bildungen im Medium gesellschaftlicher Materialität. Baden-Baden: Nomos, S. 99-114.
Rosa, Hartmut (2016): Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin: Suhrkamp.
Soentgen, Jens (1997): Das Unscheinbare. Phänomenologische Beschreibungen von Stoffen, Dingen und fraktalen Gebilden. Berlin: Akademie. |