Kommentar |
Ein zentraler Begriff der Aristotelischen Philosophie und, davon ausgehend, der spätantiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Philosophie ist οὐσία, lateinisch substantia oder essentia, deutsch ‹Substanz› oder ‹Wesen›. Ein Problem der problemreichen Aristotelischen Philosophie besteht darin, dass dieser Begriff bei Aristoteles selbst nicht eindeutig ist. Schon in der mutmaßlich frühen Kategorienschrift unterscheidet er eine ‹erste› und eine ‹zweite› Substanz. In den (wohl sehr viel späteren) «Substanzbüchern» seiner ‹Metaphysik› (ζ η θ) fragt er wiederum danach, was primär als Substanz anzusehen sei, und kommt zu einem (auch an sich selbst problematischen) Ergebnis, das weder mit der ersten noch der zweiten Substanz im Sinne der Kategorienschrift identisch sein kann.
Das Seminar widmet sich dem Problem, wie das Verhältnis der unterschiedlichen Aristotelischen Substanzbegriffe zueinander zu denken ist. Lassen sich die unterschiedlichen Substanzbegriffe entgegen dem Anschein als Einheit begreifen? Hat Aristoteles im Laufe seines Lebens seine Meinung über das, was eigentlich Substanz ist, geändert? Hat er seinen Substanzbegriff ohne Änderungen in der Sache – etwa aus didaktischen Gründen – angepasst?
Im Zentrum der Arbeit des Seminars steht die gemeinsame Lektüre und Besprechung zentraler Passagen aus der Kategorienschrift, der ‹Topik› und dem siebenten Buch (ζ) der ‹Metaphysik›. Grundsätzlich legen wir den griechischen Text zugrunde, was für alle, die Graecum haben, unproblematisch ist – Aristoteles ist sachlich, nicht aber sprachlich schwierig. Studierende, die kein Griechisch verstehen, können jedoch auch unter Zuhilfenahme einer Übersetzung mitwirken. |