Kommentar |
Sowohl für das Selbstverständnis moderner westlicher Gesellschaften als auch für die zeitgenössische politische Philosophie ist das Konzept der Freiheit einer der zentralen Begriffe. In ihm vereinigt sind freilich mehrere Aspekte: erstens die Handlungs- oder Willensfreiheit des Menschen im Vergleich zu einem Determinismus theologischer oder naturwissenschaftlicher Art, zweitens die Freiheit des Individuums von gesellschaftlicher Unterdrückung, inklusive der Möglichkeiten zur Selbstgestaltung des eigenen Lebens, und drittens die Freiheit der Gesellschaft selbst von äußerer Unterdrückung. Bei allen Unterschieden weisen diese Ideen bedeutende Überlappungen auf, die in den modernen europäischen Sprachen auch durch die Verwendung des Wortfeldes „frei, Freiheit“ (bzw. Äquivalente: liberum/libertas, free/freedom, libre/liberté, libero/libertà, laisvas/laisve) herausgestellt werden.
Die Vorlesung möchte verschiedene antike und mittelalterliche Konzeptionen des Freiheitsbegriffs vorstellen. Neben dem Erwägen philosophischer Ansätze soll dabei auf die Wurzeln dieser Begriffe vor allem in der griechischen Antike und im lateinischen Mittelalter hingewiesen werden: Dazu gehören u.a. das griechische Konzept der Demokratie mit seinem Freiheitsideal (das von antiken Philosophen keineswegs uneingeschränkt befürwortet wurde), die philosophischen Freiheitslehren der Stoa (Epiktet) und des Neuplatonismus (Plotin, Proklos), das politische Ideal des alten Roms (Cicero), die christliche Betonung der Freiheit des Menschen zur Sünde und der Freiheit Gottes, die Welt zu erschaffen, welche zu ganz verschiedenen Freiheitstheorien führten, sowie germanische Freiheitsvorstellungen, wie sie sich u.a. in der Magna charta libertatum von 1215 niederschlugen. Dabei soll auch auf die Bedeutung der lateinischen Sprache hingewiesen werden, in der sich die Verbindung der verschiedenen Freiheitsthematiken in einem Begriff besonders klar zeigte, und auf die religiösen und politischen Rahmenbedingungen, die den Erfolg des Konzepts ermöglichten. |