Kommentar |
Seit es die Bildungsstandards gibt, ist eines klar: Es geht im Deutschunterricht nicht mehr darum, welche Texte bis zum Ende eines Schuljahres gelesen werden, sondern darum, welche Kompetenzen Schüler:innen im Literaturunterricht erworben haben sollen. Die Textauswahl erfolgt dann also danach, inwiefern literarische Texte geeignet sind, die fokussierten Kompetenzen zu vermitteln. Trotz dessen finden in den Literaturunterricht nach wie vor – das zeigen vor allem die Lehrpläne derjenigen Bundesländer, die einen Kanon enthalten – meist die literarischen Texte Eingang, die schon vor dem PISA Schock Unterrichtsgegenstand waren. Die mittelalterliche Literatur zählt, wenn überhaupt, dazu nach wie vor nur sehr selten. Die Übung wagt den Blick über den Tellerrand hinaus auf mittelalterliche Texte, die auf den ersten Blick ganz ungeeignet für den Deutschunterricht erscheinen. Ihre Künstlichkeit, Darstellungsformen und Offenheit „Obszönes“ zu thematisieren, bergen aber möglicherweise ein bisher nicht ausgelotetes Potenzial für den schulischen Unterricht, da sie aufgrund ihres Alters zwar ein enormes Fremdheitspotenzial haben, zugleich aber Obszönes in einer Offenheit darstellen, wie es gerade für unsere heutige Gesellschaft nicht selten ist. Sich diesen Texten mit Blick auf den Deutschunterricht experimentell zu nähern und sie einer kritischen Reflexion zu unterziehen und nach dem Umgang mit dem Obszönen im Deutschunterricht zu fragen, ist das Anliegen dieses Seminars. Es richtet sich deshalb vornehmlich an Studierende des Lehramts Deutsch. |