Die Begründung normativer Prinzipien für gutes oder richtiges Handeln gilt vielen als „Kerngeschäft” der akademischen Philosophie und Ethik. Anwendungsfragen werden demgegenüber oft als nachrangig betrachtet, oder als Teil der "Angewandte Ethik” aus der „Allgemeinen Ethik” ausgelagert. Im Seminar wollen wir diese Trennung von „Begründen” und „Anwenden” kritisch hinterfragen und ihrem Zusammenhang nachgehen – freilich ohne dadurch bedeutsame Differenzen zu verwischen.
Dass und inwiefern es für die ethische Beurteilung einen Unterschied macht, wie das Verhältnis von „Begründung” und „Anwendung” jeweils bestimmt wird, soll am Beispiel exemplarischer Texte aus der aktuellen Migrationsethik erarbeitet werden. Diese werden wir ins Gespräch bringen mit drei prominenten Begründungstheorien der Normativen Ethik – der sog. Tugendethik (Aristoteles), der sog. Pflichtethik (Kant) sowie dem Utilitarismus (Mill) – auf die sich auch innerhalb der Migrationsethik immer wieder mehr oder minder explizit bezogen wird.
Ziel der Veranstaltung ist es, die nötigen Fähigkeiten und Techniken für einen selbständigen Umgang mit diesen Texten und Theorien einzuüben. Dazu gehören etwa: die methodische Lektüre und Strukturierung der Texte, die Explikation grundlegender Begriffe, die Rekonstruktion, Analyse und Kritik von Argumenten, und auch die eigenständige mündliche und schriftliche Formulierung begründeter Ansichten oder Thesen. All dies sind Fähigkeiten und Techniken, die für das gesamte Philosophie- und Ethikstudium grundlegend sind. |