Kommentar |
Das zentrale Problem, mit dem sich die Filmtheorie in ihren Anfängen herumschlägt, ist die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen Filme, die zunächst nichts anderes sind als Jahrmarktsspektakel, überhaupt Kunstwerke sein können. Ab den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts finden sich erstmals systematische Theorieentwürfe, in denen die Frage gestellt wird, ob der Film außerfilmische Wirklichkeiten entdeckt oder artifizielle Bildwelten erschafft. Je nachdem, wie man das Wesen des Films bestimmt (und das heißt auch seine Differenz gegenüber der gewöhnlichen Wahrnehmung und gegenüber den anderen Künsten), ergeben sich daraus in normativer Wendung bestimmte Vorstellungen, was ein gelungener oder misslungener Film ist. Spätestens ab den sechziger Jahren nimmt die Filmtheoriegeschichte eine neue Wendung, indem vermehrt Ansätze auftauchen, die den Film im Licht der Semiotik und des Strukturalismus als ein zeichenhaftes bzw. sprachähnliches Gebilde begreifen. Aktuelle Positionen, die sich wiederum entschieden von Strukturalismus und Poststrukturalismus abgrenzen, sind zum einen der so genannte Neoformalismus von David Bordwell, Kristin Thompson und Noël Carroll sowie die leibphänomenologische Filmtheorie von Vivian Sobchak. Im Neoformalismus steht die Frage im Mittelpunkt, welche formalen Verfahren Bedeutungen hervorbringen und die filmische Narration entwickeln. Sobchak hingegen betrachtet Filme als ein leibliches Erlebnis, das sich weder auf die Aufdeckung von Realitäten noch auf das Erzählen einer Geschichte zurückführen lässt. Im Seminar werden ältere, aber auch aktuelle Texte der Filmtheoriegeschichte gelesen und diskutiert. |