Kommentar |
"Deutsch ist eine würde-lose Sprache." "Tuten tut der Nachwächter." "Wer brauchen" ohne 'zu' gebraucht, braucht 'brauchen' gar nicht zu gebrauchen." Solche oder ähnliche uns allen noch aus der Schule bekannte 'Merksprüche' zielen darauf ab, den Sprachgebrauch normativ zu lenken. Wenn eine solche Lenkung als notwendig erscheint, deutet dies allerdings bereits auf einen Sprachwandel hin. Grammatikalisierung bezeichnet den Wandel von sprachlichen Ausdrücken zu Elementen, die eine immer stärker grammatische Funktion übernehmen, d.h. die allmähliche Entwicklung von 'Inhaltswörtern' zu 'Funktionswörtern'. Beispiele hierfür sind die durch die angegebenen Merkverse kritisierte Verwendung von "würde" oder "tun" als Hilfsverben (Auxiliare) oder "brauchen" als Modalverb im heutigen Deutschen. Doch ähnliche Entwicklungen zeigen sich in unserer Sprache schon seit Jahrhunderten. Im Seminar sollen verschiedene Beispiele für Grammatikalisierung in der Geschichte des Deutschen exemplarisch besprochen werden. |