Kommentar |
Freude und Trauer, Liebe und Hass, Angst und Staunen – das breitgefächerte Spektrum der Gefühlswelt ist eng mit der Produktion und Rezeption von Kunst verbunden. Mit welchen künstlerischen Mitteln lassen sich die nur schwer greifbaren Gemütszustände sichtbar und erfahrbar machen? Hilfreich sind dabei Codes des Körperausdrucks wie Mimik und Gestik. Die Wahrnehmung von Gefühlen unterliegt jedoch historischen, kulturellen und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen.
Neben dem künstlerischen Darstellungsproblem von Emotionen in verschiedenen ikonografischen Zusammenhängen wird vor allem auch die Wirkung von Bildern auf die BetrachterInnen in den Fokus rücken. Dabei soll gefragt werden, ob jenseits der Lesbarkeit körperlichen Affektausdrucks auch die ästhetische Wahrnehmung formaler Eigenschaften von Bildern – wie Farbgebung und Malweise – zum emotionalen Erleben der RezipientInnen führen können.
Das Seminar widmet sich unterschiedlichen Gegenstandsbereichen und Problemfeldern der kunsthistorischen Emotionsforschung. Zu berücksichtigen sind dabei auch mentalitäts- und kulturgeschichtliche Kontexte, das Verhältnis zu religiösen, ästhetischen und naturwissenschaftlichen Diskursen sowie Vorstellungen von Affekten in Philosophie, Theologie, Rhetorik und Dichtung. Exemplarisch behandelt werden Werke der Malerei, Grafik und Skulptur des 15. bis 19. Jahrhunderts im europäischen Kulturraum. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Thematisierung der Darstellung von Emotionen in den Künsten und der affizierenden Wirkung von Bildern in kunsttheoretischen Schriften. Zudem sollen aktuelle theoretische Positionen zur Neuroästhetik, empirischen Bildforschung, Wirkmacht von Bildern etc. diskutiert werden. |
Literatur |
- Hartmut Grimm, "Affekt", in: Ästhetische Grundbegiffe, Bd. 1, Stuttgart 2000, S. 16–48.
- Ulrich Rehm, "Affektenlehre, 2. Kunst", in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 1, Darmstadt 2005, S. 88–90.
- Elke A. Werner: "Visualität und Ambiguität der Emotionen. Perspektiven der kunst- und bildwissenschaftlichen Forschung", in: Performing Emotions. Interdisziplinäre Perspektiven auf das Verhältnis von Politik und Emotion in der Frühen Neuzeit und in der Moderne, hrsg. v. Claudia Jarzebowski u. Anne Kwaschik, Göttingen 2013, S. 147–166.
- Klaus Herding u. Bernhard Stumpfhaus (Hrsg.), Pathos, Affekt, Gefühl. Die Emotionen in den Künsten, Berlin u.a. 2004.
- Klaus Herding u. Antje Krause-Wahl (Hrsg.), Wie sich Gefühle Ausdruck verschaffen. Emotionen in Nahsicht, Taunusstein 2008.
- Gottfried Boehm u. Christian Spies (Hrsg.), Movens Bild. Zwischen Evidenz und Affekt, München 2008.
- Martin Habsmeier u. Sebastian Möckel (Hrsg.), Pathos, Affekt, Emotion. Transformationen der Antike, Frankfurt am Main 2009.
- Isabella Augart, Anna Pawlak u. Lars Zieke (Hrsg.), Ars – Visus – Affectus. Visuelle Kulturen des Affektiven in der Frühen Neuzeit, Berlin 2016, S. 7–17.
- Elke Koch u. Heike Schlie (Hrsg.), Orte der Imagination – Räume des Affekts. Die mediale Formierung des Sakralen, Paderborn 2016.
- Norbert Michels, Bewegung zwischen Ethos und Pathos. Zur Wirkungsästhetik italienischer Kunsttheorie des 15. und 16. Jahrhunderts, Münster 1988.
- Thomas Kirchner, L’expression des passions. Ausdruck als Darstellungsproblem in der französischen Kunst und Kunsttheorie des 17. und 18. Jahrhunderts, Mainz 1991.
- Joseph Imorde, Affektübertragung, Berlin 2004.
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