Obwohl der Athener Xenophon (geb. 430/425, gest. nach 355 v.Chr.) durch seine lange Abwesenheit aus Athen und den langen und intensiven Kontakt mit Sprechern anderer griechischer Dialekte einzelne nichtattische Züge in seine Prosa aufgenommen hat, galt er auch in der Zeit des Attizismus, nicht zuletzt wegen der unübertrefflichen Klarheit seines Stils, unbestritten als Vorbild. Die Klarheit seines Stils war es wohl auch, die seine Anabasis in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu dem Text für die griechische Anfangslektüre im Gymnasium gemacht hat.
Mag die inhaltliche Eignung der ‹Anabasis› zu diesem Zweck auch fragwürdig sein, so handelt es sich bei diesem Text doch um ein Werk, das beim erwachsenen Leser auch historisch und kulturgeschichtlich großes Interesse beanspruchen kann. Xenophon hat es unter einem Pseudonym veröffentlicht, um seine eigene Leistung leichter herausstellen zu können. Die ‹Anabasis› stellt das Schicksal der gut 10000 Söldner von Kyros dem jüngeren dar, die 401 v. Chr. nach dem Scheitern von dessen Putschversuch gegen seinen Bruder Artaxerxes und der Ermordung der griechischen Feldherren zunächst führerlos dastehen. Als Befehlshaber der Nachhut und Kopf des Rückkehrplans führt Xenophon nach seiner Darstellung die griechischen Söldner nach Trapezunt ans Schwarze Meer und sorgt für ihre Heimkehr nach Griechenland. Dabei bietet er eine äußerst eindrückliche Beschreibung des Lebens und Agierens des griechischen Heeres unter schwierigsten Bedingungen in einem feindlichen Land.
Wir wollen uns in der Lektüre einen Überblick über das Gesamtwerk verschaffen und eine Reihe von ausgewählten Passagen gemeinsam auf Griechisch lesen. Dabei stehen kulturgeschichtlich aussagekräftige Passagen im Vordergrund. |