Bachelor
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BA_VK 2, BA_VK_4
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Master
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MVK 2, MVK 4, MWVK
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Der FriedWald ist mittlerweile zu einem beliebten Bestattungsort außerhalb des traditionellen Friedhofes geworden. Ein im Dezember 2018 in Nordheim am Main eröffneter Friedweinberg dürfte hingegen noch leichtes Erstaunen auslösen.
Diese Beispiele verweisen auf die große Vielfalt in der heutigen Bestattungskultur und die enorme Dynamik ihres Wandels. Der traditionelle Friedhof hat seine Monopolstellung in den letzten Jahrzehnten eingebüßt, und es entstehen fortwährend neue Orte, welche die Vorlieben und Hobbys bei der Wahl des Grabes berücksichtigen. Selbst für Fußballfans werden besondere Bestattungsfelder angeboten. Auch auf den Friedhöfen bietet sich ein breites Spektrum von Grabarten und es scheint, dass eine Innovation die nächste jagt und den Wunsch nach Selbststilisierung angesichts des Todes erfüllt.
So werden die Menschen mit bislang ungewohnten Entscheidungen konfrontiert: einstige Selbstverständlichkeiten wie das klassische Familiengrab oder rituelle Gepflogenheiten sind nicht mehr ohne weiteres gegeben. In nur einer Generation haben sich rituelle Sicherheiten der einst kirchlich geprägten, traditionellen Handlungsabläufe nach dem Tod aufgelöst. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen sind eigenverantwortliches Handeln und hier persönliche Gestaltung der letzten Dinge gefragt.
Nicht zuletzt hat die Entwicklung zur multikulturellen Gesellschaft auch die Sepulkralkultur erreicht und es werden Zuwanderern aus nichtchristlichen Kulturen neue Möglichkeiten einer angemessenen Bestattung geboten.
Die neuen Phänomene werden vorgestellt und auf ihre historischen Vorläufer und Wurzeln befragt. So schwebte bereits Martin Luther ein Grab ”ymm Walde" vor. Protestantische Adlige ließen sich seit der Frühen Neuzeit als Ausdruck von Distinktion in ihren eigenen Gärten und Parks begraben und es ist zu fragen, ob die Bestattung im FriedWald die Natursehnsucht und das Freiheitsbedürfnis von Vielen befriedigt. Schließlich wird zu diskutieren sein, ob sich die Bestattungskultur in all ihren Facetten von einer öffentlichen zu einer privaten Angelegenheit entwickelt. Damit gerät auch die idealtypische Vorstellung des französischen Philosophen Michel Foucault vom Friedhof als einem „anderen Ort”, der mit eigenen Qualitäten und Gesetzlichkeiten ausgestattet sei, ins Wanken.
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