Kommentar |
Es gibt nur wenige Texte der gesamten Religionsgeschichte, die den Übergang einer Religion in eine andere Religion und sogar in eine neue Religionsform so prägnant zeigen, wie das älteste der Evangelien, das Markusevangelium. Dabei wird sich die VL vor allem mit folgenden Fragen beschäftigen:
Wie sah die grundlegende Religion, das Judentum, um die Zeitenwende, aus? Wie gestaltet der Autor dieses Evangeliums literarisch den Transformationsprozess vom damaligen Judentum in die neue Religion, das Christentum, hinein? Wie deutet er damit klassische Begriffe und Vorstellungen auf neue spezifische Weise, bzw. bedient sich neuer Sprachformen und neuer Symbolik? Welches sind die Konturen, die nach diesem Verfasser der Glaube an Christus erhält? Was bedeutet diese Transformation aus religionsgeschichtlicher Perspektive? Inwiefern wird sie von Judentum und (nachträglich) vom Islam nicht nachvollzogen? Und wie lassen sich etwa religionsgeschichtliche Parallelen der Überlieferung des Todes Jesu als Christus zur Überlieferung des Todes Siddhartha Gautamas, des Buddhas, durch eine Strukturlogik erklären?
Auf diese Weise gibt die VL zugleich auch eine religionswissenschaftliche Einführung in die Grundlagen des Judentums und Christentums und in die Möglichkeiten, mit einem zentralen Transformationstext umzugehen, wie es sich sonst nur noch etwa in der zweiten Sure des Korans oder in den ersten Reden Buddhas wiederfindet.
Weitere, zum Teil gegenläufige Fragen ergeben sich aus Sicht der neutestamentlichen Exegese: Sind auch Lektüren des Markusevangeliums möglich, die die frühe Jesusbewegung als Teil des antiken Judentums auffassen? Wo genau liegen quellensprachlich die Momente der Kontinuität einerseits und des Neuen andererseits? Welche Konsequenzen ergeben sich für das Verständnis des Markusevangeliums, wenn man das Auseinandertreten von Judentum und Christentum in weit spätere Zeit datiert? |
Literatur |
Das Neue Testament, Markus-Evangelium; weitere Kommentare zum Markusevangelium; Neusner, Jacob, Judentum in frühchristlicher Zeit, Stuttgart 1988. Einführend: Ingo Broer /Hans-Ulrich Weidemann, Einleitung in das Neue Testament, 4. Aufl. 2016, 81-108 (Literatur: 107f); Martin Ebner, Das Markusevangelium, in: Martin Ebner / Stefan Schreiber (Hg.), Einleitung in das Neue Testament, Stuttgart 2008, 183 (Literatur: 181-183) |
Zielgruppe |
Studierenden der Religionswissenschaft bzw. mit religionswissenschaftlichem Interesse für die Anfänge des Christentums und des jüdischen Kontexts; Studierende der Theologie im Grund- und Hauptstudium, Lehramt, BA/MA Gasthörer, Schnupperstudium, Flüchtlinge |