Kommentar |
Steuert die Menschheit auf eine weitgehend religionslose Zukunft zu? Diese Frage hätten vor wenigen Jahren nicht wenige Forscherinnen und Forscher, die sich mit Religion beschäftigen, noch bejaht. Mittlerweile ist aber deutlich geworden, dass das über lange Zeit (nicht nur) in der Wissenschaft prominente Säkularisierungsparadigma keine angemessene Beschreibung der Entwicklung von Religion in der Gegenwart bietet. Zeitgleich kann auch nicht ohne Weiteres von einer religiösen Pluralisierung oder vom ‚Wandel von Religion in der Gegenwart‘ gesprochen werden, verstehen sich doch beispielsweise in Deutschland mehr und mehr Menschen als nicht religiös. Derart widersprüchliche Tendenzen hat Jürgen Habermas mit dem Begriff der Postsäkularität zu fassen versucht. Die Vorlesung wird diesen Begriff aufgreifen, genauer erörtern und diskutieren, wie religiöse Bildung in der postsäkularen Gesellschaft stattfindet, stattfinden kann und ggf. auch stattfinden sollte, wobei dem Religionsunterricht als einem zentralen Ort religiöser Bildung besondere Aufmerksamkeit zukommen soll. Im Einzelnen werden dabei u.a. die religionssoziologischen Charakteristika der Gegenwart sowie Ursachen wie Flucht und Migration thematisiert werden, es wird Ausführungen zum Verhältnis von Staat und Religion(en) in Deutschland und anderen Ländern geben (Frankreich, USA etc.) und es werden Streitfälle um Religion, die für pädagogische Kontexte relevant sind, zur Sprache kommen (Streit um die religiös motivierte Knabenbeschneidung, sog. Kopftuchstreit, sog. Kruzifixstreit, Streit um L-E-R u.a.m.). Auch religionskundliche Elemente (religiöse Sozialisation und Erziehung im Islam, im Christentum und im Judentum) werden in den Blick geraten, ebenso die vielfältigen Transformationen von Religion in der populären Kultur (Kinofilme, Popsongs, Comics etc.) sowie nicht zuletzt aktuelle religionsdidaktische Konzeptionen wie die performative, kulturhermeneutische und interreligiöse Religionsdidaktik. |
Literatur |
Jürgen Habermas: Glauben und Wissen. Friedenspreisrede 2001, in: Jürgen Habermas: Zeitdiagnosen. Zwölf Essays, Frankfurt am Main 2003, S. 249–262. Weitere Literatur wird zu Beginn der Veranstaltung bekannt gegeben |