Kommentar |
Freuds psychoanalytische Entdeckungen wurden immer wieder in Gesellschaftsdiagnosen herangezogen und soziologisch diskutiert. Das gilt auch für seine Annahme, dass man libidinöse Energie nicht zuletzt auf sich selbst richtet, dass sich also jede Person sozusagen selbst liebt und dies in ihre Verhältnisse zu anderen einbringt. Seit den 1970er Jahren wird dieser 'primäre Narzissmus' von einigen Psycholog*innen als Grundprozess der Persönlichkeitsentwicklung betrachtet, und er wird als Bestandteil einer Gesellschaft diskutiert, in der individuelle Wünsche, Konsumneigungen, Arbeitsleistungen, Selbstdarstellungn und Sorgen um Anerkennung wichtiger zu werden scheinen als unmittelbare soziale Verpflichtungen. Das Seminar soll die Zeitdianose des Narzissmus anhand klassischer Texte von Freud, Kohut und Lasch bis zu neueren Theorien neoliberaler Regierung und der Selbstsorge in Krisenzeiten verfolgen. |