Kommentar |
Aischylos ist der älteste der drei großen attischen Tragödiendichter, von denen uns vollständige Stücke erhalten sind. Geboren 525/24, beginnt er seine Tätigkeit als Tragödiendichter kurz nach der Jahrhundertwende. Die erhaltenen Stücke fallen alle – nur das Aufführungsjahr des als unecht verdächtigten ‹Prometheus› ist unsicher – zwischen 472 (‹Perser›) und 458 (‹Orestie›: ‹Agamemnon›, ‹Choephoren›, ‹Eumeniden›). Aischylos’ Werk bietet eine ganze Reihe von Besonderheiten, die die Beschäftigung damit teils wegen des Reizes der Werke selbst, teils wegen der methodischen Probleme, die mit einer Reihe davon verbunden sind, von vielen Seiten besonders lohnend macht: Mit der ‹Orestie› haben wir die einzige überhaupt erhaltene Inhaltstrilogie der griechischen Tragödie, mit den ‹Persern› das einzige erhaltene historische Drama, mit den ‹Hiketiden› ein besonders deutliches Beispiel für die Problematik einer auf sog. «inneren», literarisch-stilistischen Kriterien beruhenden relativen Datierung.
Zu Beginn der Vorlesung soll zunächst nach den historischen Bedingungen der Entstehung der Tragödie und im Zusammenhang damit dem Verhältnis zwischen tragischem Chor und Schauspieler(n) die Rede sein. Es folgt eine ganz kurze Bestimmung der Eigenart der Tragödie anhand der Aristotelischen ‹Poetik› in Auseinandersetzung mit modernen Tragikkonzepten, insbesondere der Schiller’schen und Hegel’schen, die bis heute in der Tragödienforschung besonders stark nachwirken.
Der Hauptteil der Vorlesung soll der Interpretation der Aischyleischen Tragödien gewidmet sein, wobei die ‹Orestie› nur ganz kurz behandelt wird, da sie im Sommersemester 2018 Gegenstand einer eigenen Vorlesung war. Dabei soll die im Einzelfall sehr verschieden zu beantwortende Frage nach dem Handlungsspielraum, der den Protagonisten konkret zur Verfügung steht, nach der Art und Weise, wie sie ihn nutzen, den Motiven, die sie dabei nach der Darstellung des Dichters leiten, und dem Anteil, den ihr eigenes Handeln an ihrem Schicksal gewinnt, leitend sein.
Die Vorlesung wird nicht darauf verzichten können, immer wieder auch auf den griechischen Text zu rekurrieren, ist aber so angelegt, dass sie jederzeit auch für diejenigen verständlich ist, die keine Griechischkenntnisse besitzen; alle Texte, die im einzelnen besprochen werden, werden auch in Übersetzung vorgetragen oder zur Verfügung gestellt. |
Literatur |
Zur Einführung:
Joachim Latacz, Einführung in die griechische Tragödie, (UTB 1745) 2. Aufl. Göttingen 2003.
Sabine Föllinger, Aischylos. Meister der griechischen Tragödie, München 2009.
Textausgabe und Übersetzung:
Die derzeit zu empfehlende kritische Textausgabe ist: Aeschyli Tragoediae cum incerti poetae Prometheo, ed. Martin L. West, ed. corr. ed. primae, Stuttgart und Leipzig 1998.
für unsere Zwecke auch noch brauchbar: Aeschyli septem quae supersunt tragoedias ed. Denys Page, Oxford 1972.
zweisprachige gr.-dt. Ausgabe (ohne kritischen Apparat): Aischylos, Tragödien und Fragmente, hrsg. und übers. von Oskar Werner, 2. Aufl. München 1969 (und Nachdrucke; in der von Bernhard Zimmermann herausgegebenen 11. Aufl. fehlen jedoch die Fragmente). |