Kommentar |
Als Charlie Chaplins Meisterstück „The Great Dictator“ im Oktober 1940 in den USA uraufgeführt wurde, lag der deutsche Angriff gegen Polen erst wenige Wochen zurück. In der wohl unvergesslichsten Szene dieser bitterbösen Parodie tänzelt Adenoid Hynkel, Diktator von Tomania, zu den Klängen von Wagners Lohengrin mit einer übergroßen Weltkugel durch die Räume seines Palastes. Nur wenige Monate später war Europa dieser makabren Vision ein gutes Stück näher gerückt: Große Teile Osteuropas waren entweder annektiert oder standen unter deutscher Besatzungsverwaltung. Im Westen entstanden hingegen so genannte Reichskommissariate unter deutscher Führung oder von den Deutschen installierte Kollaborationsregime. In dem Seminar soll es zum einen um die Frage gehen, von welchen politischen, wirtschaftlich und ideologischen Vorstellungen sich die Nationalsozialisten beim Aufbau ihres europaweiten Imperiums leiten ließen und wie sie mit einer Mischung aus Funktionalität und Dysfunktionalität versuchten, ihre Rassedoktrin zur Grundlage einer neuen Form von kolonialer Herrschaft auszubauen. Zum anderen soll darüber nachgedacht werden, welche längerfristigen Konsequenzen sich nach 1945 aus dem Scheitern des nationalsozialistischen Ordnungsentwurfs und dem parallelen Niedergang der alten europäischen Kolonialreiche ergaben.
Einführende Literatur: Mark Mazower, Hitlers Imperium. Europa unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, Bonn (BpB) 2010. |