Das Pro – Seminar in diesem Wintersemester ist einem der Hauptwerke der antiken Moralphilosophie gewidmet, der Nikomachische Ethik des Aristoteles (384 v. Chr. - † 322 v. Chr.).
Ein repräsentativer Aspekt der aristotelischen Ethik betrifft die Suche nach einer Definition von Glückseligkeit in ihrem engen Zusammenhang mit einem Leben gemäß der Tätigkeit der Tugend. Es ergibt sich nach Aristoteles ein enger Zusammenhang zwischen dem Wesen der Glückseligkeit und der eigentümlichen Tätigkeit, die einen Menschen spezifisch ausmacht. Die eigentümliche Tätigkeit des Menschen manifestiert sich in einer Lebensform, die in der Vernunftseele besteht. Die vollkommene Glückseligkeit lässt sich als Identifizierung des vollkommenen Guten mit jenem Ziel, welches rein im sich selber erstrebenswert ist und das allein das Kriterium der Vollkommenheit und Einzigkeit erfüllt.
Als Teile der Glückseligkeit werden zwei Tugenden der Vernunftseele definiert, die Klugheit und Weisheit. Phronesis und Sophia gelten, insofern sie niemals einem anderen Zweck dienen, als Ziele für sich selbst erstrebenswert. In diesem Zusammenhang werden wir die aristotelische Unterscheidung einer praktischen und einer wissenschaftlichen Rationalität nach der Zweiteilung der Vernunftseele in Berücksichtigung nehmen. Dabei beschäftigt sich die eine mit dem theoretischen und unveränderlichen Wissen, bzw. das Wissen, dass man durch die Sophia erlangt, die andere dagegen mit dem Veränderlichen, der praktischen Vernunft, die in Übereinstimmung mit dem Begehren in ihrer Funktion zur Entscheidung der richtigen Mitte führt.
Eine besondere Aufmerksamkeit wird letztlich auf die Definition der Glückseligkeit in ihren zwei Formen, nach dem X. Buch der Nikomachischen Ethik, gerichtet, von denen die eine als vollkommene bestimmt wird, die andere jedoch als „menschlich” und demnach nicht vollkommen.
Ein Leben nach der theoretischen Tätigkeit und der vollkommenen Glückseligkeit, bezeichnet Aristoteles als selig. Dagegen ist das Leben nach der Tätigkeit der ethischen Tugenden und der Klugheit die zweite und damit niedrigere Glücksform, die den Menschen als Zusammenhang von Körper und Leidenschaften betrifft.
Hinweise auf die deutsche Ausgabe der Nikomachischen Ethik und der Sekundärliteratur werden in der ersten Sitzung gegeben.
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