Am Beginn des Seminars steht Goethes wohl bekanntestes Gedicht „Wandrers Nachtlied“ („Über allen Gipfeln…“, das in viele Sprachen übersetzt, häufig vertont, auch parodiert wurde. Wenngleich ein Gedicht des noch jungen Autors, markiert es in seiner Schlichtheit, Vollendung und Tiefgründigkeit bereits den Einsatz klassischer Lyrik. Prägnante Entwicklungen in Goethes Weltsicht und Formensprache werden in seinem Zyklus „West-östlicher Divan“ deutlich: Die Gedichte „Selige Sehnsucht“ und „Gingo biloba“ gelten als vieldeutig und schwierig, gerade sie zeigen die faszinierende Aufnahme des „Östlichen“ im ganz eigenen Goetheschen Ausdruck.
Wichtiger Schwerpunkt des Seminars ist die romantische Lyrik, die durchaus Anregungen von Goethe empfängt: Mit Novalis, Brentano und Eichendorff erscheinen Dichter von sehr unterschiedlicher Weltsicht und poetischer Handschrift.
Den Schlusspunkt bildet Friedrich Hölderlin, dessen Werk sich gängigen Einordnungen der Literaturwissenschaft entzieht. Sein Gedicht „Hälfte des Lebens“ vermittelt berührendes Lebensgefühl in sprachlicher Meisterschaft; „Andenken“ formuliert den Ewigkeitsanspruch der Poesie: „Was bleibet aber, stiften die Dichter.“ |