Kommentar |
Obwohl sich die Soziologie seit ihrem Bestehen mit verschiedenen Eigentumsformen und deren Analyse befasst, kann von einer dezidiert soziologischen Eigentumsforschung nicht die Rede sein. Nach dem Niedergang des akademischen Marxismus hat die Soziologie Eigentumsfragen einerseits den Wirtschafts- und Rechtswissenschaften überlassen, andererseits fällt die Zusammenführung und analytische Verknüpfung eigentumsbezogener Fragen der fachinternen Differenzierung zum Opfer, werden doch in der Bildungs- und Elitenforschung, der Armutsforschung oder der Sozialstrukturanalyse (mehr oder weniger) implizit Eigentumsfragen verhandelt, ohne als solche aufeinander bezogen zu werden. Ziel dieses Master-Seminars ist es, durch die Zusammenführung unterschiedlicher Perspektiven eine konsequent soziologische Perspektive auf die Eigentumsgesellschaft(en) der Gegenwart zu entwickeln.
Nach einführenden Sitzungen zu grundlegenden Eigentumstheorien liegt der Schwerpunkt des Seminars deshalb auf aktuellen Debatten und Kontroversen zu Fragen des Eigentums im Spätkapitalismus. Es geht um Verschiebungen im Verhältnis von Privat-, Gemeinschafts- und Staatseigentum, um die Erbengesellschaft und das Privateigentum an Produktionsmitteln, um die Prinzipien und Fallstricke der Sharing Economy, die (Wieder-)Entdeckung von Commons und Gemeingütern, das geistige Eigentum im digitalisierten Zeitalter und die Frage, wem eigentlich die"natürlichen" Ressourcen gehören. Im Brennglas dieser Debatten nehmen wir unterschiedliche Zeitdiagnosen, aktuelle empirische Entwicklungen und theoretische Entwürfe in den Blick, so auch aktuelle Debatten um Enteignung und Vergesellschaftung (z.B. in der Wohnungsfrage). Eigentumsbezogene Fragen sozialer Ungleichheit und sozialer Gerechtigkeit ziehen sich als roter Faden durch das Seminar. |