Kommentar |
Während der Konservativismus als Reaktion auf die Französische Revolution eine feste Verankerung im politischen Denken Europas hat, ist dessen politische Rolle in den USA weitaus problematischer zu bestimmen. So sind die Vereinigten Staaten seit jeher als bewusst liberales und damit inhärent antikonservatives Staatsprojekt verstanden worden. Hinzu kommt, dass es durch das Fehlen eines unabhängigen Staatsgebildes vor der Unabhängigkeit einem Ancien Régime ermangelt, auf dessen Verteidigung sich amerikanische Konservative beziehen könnten. Hieraus ergab sich die existentielle Frage für diese selbstverstandenen Konservativen, welche politische Ordnung sie überhaupt bewahren wollten bzw. wer oder was die zentrale Herausforderung für das politische System der USA darstellt. Hinzu kommt ein zentraler Richtungsstreit innerhalb der konservativen Bewegung, der diese seit den 1960er Jahren in unterschiedlicher Intensität dominiert. Ausgangspunkte dieser Auseinandersetzung waren die Bürgerrechtsgesetzgebung und der Vietnam-Krieg, die dazu führten, dass sich ein bedeutender Teil konservativer DemokratInnen sowohl in den Nord- als auch Südstaaten von ihrer Partei ab- und der Republican Party zuwendeten. Hierdurch kam es zu einer weitgehenden Vereinigung der vormals zwischen den Parteien aufgeteilten konservativen Kräfte. Durch jahrzehntelange unterschiedliche Parteizugehörigkeit und politische Sozialisation gestaltete sich das Verhältnis zwischen den verschiedenen Gruppen als äußerst konfliktreich. So orientierten sich die Paleoconservatives an einem traditionalistischen Gesellschaftsbild, treten für einen außenpolitischen Isolationismus ein, betonen üblicherweise die besondere Rolle der Religion in der Politik der USA und sind durch einen wirtschaftspolitischen Nationalismus gekennzeichnet. Ihnen treten die sogenannten Neocons (die sich zumeist aus ehemaligen DemokratInnen rekrutierten) gegenüber, die die aus dem New Deal hervorgegangene Ausweitung der Reglementierungsgewalt des Zentralstaates in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen weitgehend akzeptieren, aber einen teilweise aggressive Züge annehmenden außenpolitischen Interventionismus vertreten. Während der 11. September zum entscheidenden Aufstieg der Neocons führte, markierte die Präsidentschaft Donald Trumps, trotz dessen politischer Sprunghaftigkeit, einen erneuten Bedeutungszuwachs traditionalistischer konservativer Kräfte in den USA.
Hieran anknüpfend soll das vorliegende Seminar zunächst einen knappen Überblick über die Grundideen konservativer Weltanschauung geben. Anschließend werden anhand von Primärtexten einflussreicher Denkerinnen und Denker zunächst das generelle Problem der Etablierung eines konservativen Staatsverständnisses in den USA sowie der Konflikt zwischen Neocons und Paleoconservatives aufgearbeitet. Zudem wird ein Einblick in die Positionierung zu unterschiedlichen konkreten Politikfragen gegeben. |
Literatur |
Kirk, Russell, The Conservative Mind, London 1954.
Gottfried, Paul Edward, Conservatism in America. Making Sense of the American Right, Basingstoke/New York 2007.
Fukuyama, Francis, After the Neocons. America at the Crossroads, London 2006. |
Bemerkung |
Hinweise:
Konservatives Denken im Kontext dieses Seminars ist nicht gleichzusetzen mit der Regierungspolitik der Republican Party. Auch wenn einzelne, der im Seminar behandelten Persönlichkeiten aktive PolitikerInnen sind/waren, wird die legislative und exekutive Politik der Republikaner im Seminar nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.
Wer die erste Sitzung der Lehrveranstaltung versäumt, ohne sich vorher schriftlich oder persönlich zu entschuldigen, kann den Anspruch auf einen Platz in der LV verlieren, wenn es mehr Interessenten als Plätze gibt. Dies gilt ungeachtet der Platzzuweisung durch Friedolin und ist im Einklang mit der grundsätzlichen Aufhebung der Anwesenheitspflicht. |