Kommentar |
„Es ist eine erstaunliche Unwahrscheinlichkeit, dass wir auf der Erde leben und Sterne sehen können, dass die Bedingungen des Lebens nicht die des Sehens ausschließen und umgekehrt.“
So leitet Hans Blumenberg 1975 seine umfangreiche Studie Die Genesis der kopernikanischen Welt ein, und betont, wie absolut zufällig es geschehen konnte, dass den Menschen der Blick ins Firmament überhaupt möglich ist. Seit jeher führt der in der Imagination verlängerte Blick ins Universum dem Menschen dabei gleichzeitig seine physische Kleinheit und seine psychische Größe vor und verliert nicht an Faszination. Das beweist scheinbar keine Zeit so gut wie die unsrige, in der die Phänomene der bemannten und unbemannten Raumfahrt zu medialen Großereignissen werden, wie zuletzt die Landung auf "Tschuri" oder die von der "New Horizons" aufgenommenen Bilder vom Zwergplaneten Pluto bewiesen haben. Der Erfolg eines ganzen Genres der Science-Fiction - von Serien wie Star Trek oder Per Anhalter durch die Galaxis, Filmen wie Star Wars oder zuletzt Interstellar - zeigt, dass wir Menschen dazu tendieren, die Weite und scheinbare Leere des unendlichen Weltraums mit Narrativen zu füllen, die ihn greifbarer erscheinen lassen.
Im Zentrum des Seminars sollen mit Cyrano de Bergeracs Roman L’autre monde von 1657 und Voltaires conte phiosophique Micromégas von 1737 zwei Texte der französischen Literatur stehen, die sich mit dem Phänomen der imaginierten Raumfahrt beschäftigen. Ergänzend werden wir Auszüge aus philosophischen und literarischen Texten hinzuziehen, die die Betrachtung des Weltraums zum Ausgangspunkt einer anthropologischen Reflexion machen, u.a. aus Pierre Bayles Pensées diverses sur la comète, Blaise Pascals Pensées, Bernard le Bouvier de Fontenelles Entretiens sur la pluralité des mondes.
|