Dass das französische Theater mehr als Racine und Molière vorweisen kann, und dass das italienische Theater mehr als Goldoni und Gozzi zu bieten hat, ist längst bekannt. Gerade in der Nachkriegszeit aber erneuern die Theaterschaffenden Europas den intensiven Austausch, der schon das 17. und 18. Jahrhundert geprägt hatte. Diese Entwicklung verstärkt sich noch seit der Jahrtausendwende durch die zunehmende Internationalisierung der bestehenden Theaterszene und dem Entstehen neuer international ausgerichteter Theaterfestivals.
In diesem sprachübergreifenden Seminar werden wir uns daher anhand exemplarischer Texte von Autoren, die in besonderer Weise international wirken und rezipiert werden, einen Überblick zur Theaterproduktion in Frankreich und Italien der Zeit von 1945 bis ins beginnende 21. Jahrhundert verschaffen.
Beginnend mit Ugo Betti, einem der seinerzeit als vielversprechend gehandelten italienischen Dramatiker der unmittelbaren Nachkriegszeit, der heute von den Spielplänen beinahe verschwunden ist, richten wir den Blick anschließend nach Frankreich zu Samuel Becketts absurdem Theater. Mit Dario Fos Mistero buffo und Alessandro Bariccos Novecento nähern wir uns dem dramatischen Monolog auf der Bühne anhand zweier italienischer Beispiele aus den sechziger und neunziger Jahren. Wir setzen den Überblick im Frankreich der achtziger und neunziger Jahre mit dem Theater von Bernard-Marie Koltès (Combat de nègre et de chiens, 1979/1983) und Yasmina Reza („Art“, 1994) fort und enden schließlich mit Fausto Paravidino, einem der produktivsten und international bekanntesten jungen italienischen Dramatiker des 21. Jahrhunderts. Neben dem literaturhistorischen Überblick werden uns anhand der ausgewählten Stücke ebenso dramentheoretische und methodische Fragen zur Herangehensweise an dramatische Texte beschäftigen.
Bitte schaffen Sie rechtzeitig (Besprechungstermin: ab der 4. Semesterwoche) den folgenden Text der Kanonliteratur an:
Samuel Beckett: En attendant Godot (in dreisprachiger Edition deutsch/ englisch/ französisch als preisgünstiges Taschenbuch bei Suhrkamp erhältlich)
Die übrigen Primärtexte werden jeweils im Original und einer deutschen Übersetzung ab Ende März in einem elektronischen Semesterapparat zur Verfügung gestellt. Die Zugangsdaten erhalten Sie dann nach Anfrage per Mail an die Dozentinnen (imke.momann@uni-jena.de;diana.dimaria@uni-jena.de). Somit sind Kenntnisse des Französischen bzw. Italienischen für Studierende der jeweils anderen Philologie zwar von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich. Die Lektüre aller sechs Primärtexte (ggf. in der Übersetzung) ist Pflicht. Die Sekundärliteratur wird im Seminar bekanntgegeben und ggf. im elektronischen Semesterapparat zur Verfügung gestellt.
Zur einführenden Lektüre empfohlen:
Brauneck, Manfred: Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters, Stuttgart/ Weimar: Metzler 2007, Bd. 5, S. 537-592 („Theater in Italien“).
Schoell, Konrad: „Einführung“, in: ders. (Hg.): 20. Jahrhundert. Theater, Tübingen: Stauffenburg 2006, S. 1-22.
Master: MRom-ROS2 |