Kommentar |
Menschen suchen nach Wahrheit, ganz besonders in den Wissenschaften, aber auch im Alltag und in der Politik. Häufig kommt es jedoch zu einem Streit darüber, was wahr ist. Man denke etwa an die Diskussionen über den Klimawandel: Ist es nicht eine unabhängig von subjektiven Urteilen gesicherte Wahrheit, dass der Klimawandel stattfindet? In Zeiten eines postfaktischen Denkens wird der Begriff der Wahrheit häufig relativiert und nicht mehr deutlich unterschieden zwischen demjenigen, was für wahr gehalten wird und demjenigen, was tatsächlich wahr ist. Was für den einen wahr ist, muss es nicht für den anderen sein, so kann man oft hören. Andererseits kann (und soll) Wahrheit nicht davon abhängen, was einzelne Personen glauben, sondern Wahrheit soll objektiv sein. Doch was bedeutet „wahr“, bzw. „objektiv“? Urteile werden oftmals als objektiv bezeichnet, wenn sie frei von Vormeinungen und subjektiven Interessen sind und die Wirklichkeit so beschreiben, wie sie ist. Doch ist es uns Menschen überhaupt möglich, objektive Urteile zu fällen? Oder ist es nicht immer so, dass die Gesellschaft, in der wir leben, mit ihren kulturellen Normen und politischen Ideologien unsere Wahrnehmung und unsere Vorstellungen von der Welt formen? Besteht eine Spannung zwischen der gesellschaftlichen Formbestimmtheit unserer Überzeugungen und dem Anspruch auf Objektivität? Lässt sich diese auflösen? Im Seminar sollen klassische und neuere Texte zum Thema gelesen und diskutiert werden, u.a. von Friedrich Nietzsche und William James, aber auch von feministischen Theoretikerinnen wie Donna Haraway und Sandra Harding. Ziel ist es, in der Auseinandersetzung mit wichtigen Beiträgen zur Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie und Wissenschaftsphilosophie verschiedene Verständnisse von Wahrheit und Objektivität kennenzulernen und grundlegende Einsichten in das Verhältnis von Objektivität, Wahrheit und Gesellschaft zu gewinnen. |