Literatur und Mythologie - Einzelansicht

Mythen sind das eindrucksvollste Phänomen für die reale Wirksamkeit von Fiktionen. Sie sind nicht überprüfbare, erfundene oder wunderbare Geschichten, die dennoch als kollektive Sinnstiftung akzeptiert werden. Die Vorlesung gibt eine Übersicht, welche Präsenz, Funktion und Relevanz die Mythologie in der Geschichte der deutschen Literatur hat. Es geht dabei sowohl darum, welche Begriffe und welche Bewertungen von Mythos und Mythologie vorliegen, als auch um deren literarische Vergegenwärtigungen und Verhandlungen. Die Literaturgeschichte der Mythologie ist nicht nur eine Stoff- und Motivgeschichte der Mythos-Adaption und -Variation, sondern zugleich ein begrifflicher Wandel, was man unter Mythos versteht und mit welcher Absicht man ihn fortschreibt. Das Programm beginnt mit den literarischen Grundlagen der antiken Mythologie, schaut dann auf die jahrhundertelange rhetorische Mythos-Verwendung, hat mit der Begründung des modernen Mythos-Begriffs, mit der klassizistischen Wiederbelebung der Antike und der romantischen Neuen Mythologie einen ersten Schwerpunkt um 1800, behandelt neben den verschiedenen literarischen Bearbeitungen der antiken auch die Parallelaktion einer „germanischen Mythologie“ im 19. Jahrhundert, kommt schließlich über Wagner und Nietzsche zur politischen Dimension des Mythos im 20. Jahrhundert: einerseits in seiner agitatorischen, andererseits auch kritischen und satirischen Verwendung bis in die Gegenwartsliteratur. Den Abschluss bilden die aktuellen feministischen Revisionen der traditionell männlich paternalistischen Mythen.

Zur Einführung: Christoph Jamme, Stefan Matuschek, Handbuch der Mythologie, Darmstadt 2014, insb. die Kapitel „Welten des Mythos“, S. 12-51.

V – NDL V.1, NDL VI.1/2, M-GLW-NDL 1/2/3/4, MA-LKK-02, M-GLW-DK1/-DK2, LA-GLW-LWS, Staatsexamen mündlich oder schriftlich