Die Antwort auf diese Frage scheint zunächst einfach zu sein: Antisemitismus ist Feindschaft gegen Jüdinnen und Juden. Doch angesichts der überlangen Geschichte des Antisemitismus, seiner jeweiligen Entstehungskontexte, seiner unterschiedlichen Formen sowie der damit verbundenen - teils variierenden, teils persistenten - Stereotype fällt eine Beantwortung deutlich schwerer. Hinzu kommt die aktuelle Eskalation des Nahostkonflikts durch den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf jüdische Zivilist:innen in Israel und den darauf folgenden Krieg in Gaza. Der Krieg wird von anhaltenden propalästinensischen Demonstrationen auch in westlichen Staaten flankiert, was wiederum hierzulande teils scharf geführte Debatten über israelbezogenen Antisemitismus ausgelöst hat. Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage ist das Seminar als Einführung konzipiert mit dem Ziel, ein basales Verständnis des komplexen Phänomens des Antisemitismus zu erarbeiten.
Dazu beschäftigen wir uns zu Beginn mit den wichtigsten Formen des Antisemitismus sowie mit ausgewählten Antisemitismustheorien, die den Zusammenhang von Antisemitismus und Moderne fokussieren. Der zweite Teil des Seminars widmet sich jüngeren und jüngsten Kontroversen: u.a. zum Verhältnis von Antisemitismus und Rassismus, zur Frage eines importierten islamischen Antisemitismus infolge von Zuwanderung sowie zur postkolonialen Kritik an Israel wie an der deutschen Erinnerungskultur ("Historikerstreit 2.0"). Die Lektüre und Diskussion diesbezüglich einschlägiger Positionen dient nicht zuletzt der Orientierung in derzeit vorrangigen öffentlichen und wissenschaftlichen Debattensträngen über Antisemitismus.
Zentral für eine erfolgreiche Teilnahme sind das Interesse am Seminarthema, die kontinuierliche Vorbereitung der Texte sowie eine aktive Beteiligung an den Seminardiskussionen. Als obligatorische Vorleistung für die schriftliche und mündliche Prüfung sind semesterbegleitend zwei Textexzerpte anzufertigen; Details hierzu werden in der konstituierenden Sitzung bekanntgegeben.
Einführende Literatur:
Benz, Wolfgang (2020), Antisemitismus. Präsenz und Tradition eines Ressentiments, Frankfurt: Wochenschau Verlag
Brumlik, Micha (2020), Antisemitismus - 100 Seiten, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung |