Flugreisen waren in der antiken Welt noch nicht an der Tagesordnung. Und doch hat allein die Vorstellung die Phantasie des Menschen auch damals schon beflügelt.
So hören wir in der Mythologie von den Flugversuchen eines Daidalos und Ikaros, von Perseus mit seinen Flügelschuhen und von Pegasos, dem geflügelten Pferd. Und nicht zuletzt auch von Trygaios, den Aristophanes auf einem gewaltigen, fett gemästeten Mistkäfer auf den Olymp fliegen lässt, um von dort den Frieden wieder auf die Erde zurückzuholen.
Lukian steht also hier schon in einer guten Tradition, wenn er seinen Menippos das „daidalische Kunststück wiederholen” und ihn mit Geier- und Adlerschwingen ausgestattet erst zum Mond und schließlich zur Akropolis des Zeus fliegen lässt: Im Ikaromenippos erzählt Menippos seinem Freund im Stile eines platonischen Dialogs seine Reiseerlebnisse und setzt der haarsträubenden kosmologischen Spekulation der Philosophen seiner Zeit sein „Autopsiewissen” entgegen. Zudem öffnet die Schau aus der Vogelperspektive den Blick auf die Scheinheiligkeit und moralische Verkommenheit insbesondere der Philosophen, wodurch Lukian eine meisterhafte Satire auf die Gesellschaft des 2. Jahrhunderts nach Christus gelingt. Gewürzt mit elegant eingeflochtenen Zitaten von Homer und anderen Dichtern und vielschichtgien Bezügen auf grundlegende Texte der antiken Philosophie, hat dieses Werk auch nach über 1800 Jahren nichts von seinem Witz und seinem Charme verloren.
Im Seminar wollen wir den Text im griechischen Original lesen und insbesondere den allgegenwärtigen intertextuellen Verflechtungen nachspüren, aus denen der Text seine Kraft und seinen Humor schöpft.
Das Seminar kann sowohl als Proseminar als auch als Lektüre-Übung besucht werden. |