Kommentar |
Bereits im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts stellten sich Soziologie und Sozialpsychologie die Frage nach Gestalt und Bedeutung des Autoritarismus i.S. eines Kernelements politischer Ideologien einerseits und (dies wird der Schwerpunkt des Seminars sein) als subjektive Disposition andererseits. Insbesondere die früheren und späteren einschlägigen empirischen Studien der Kritischen Theorie sind diesbezüglich bis in die Gegenwart einflussreich. Schien die Frage nach dem Autoritarismus gegen Ende des letzten Jahrhunderts an Bedeutung verloren zu haben und dominierte in soziologischen Zeit- und Subjektdiagnosen die Annahme, an die Stelle autoritärer Orientierung seien eher horizontale, also auf Vielfalt, Flexibilität und Effizienz ausgerichtete Identitäten, Selbstverhältnisse und gesellschaftspolitische Programmatiken getreten, so sieht sich diese Annahme durch die Erfolge rechtspopulistischer bis faschistoider Weltanschauungsangebote, Bewegungen und Parteien weltweit inzwischen längst in Frage gestellt. Aktuelle empirische Studien belegen die Konsistenz und Stabilität autoritärer Orientierungen in einem relevanten Teil der Bevölkerung. Wie also ist es um die Aktualität des Autoritarismus-Theorems bestellt? Inwiefern schließen die gegenwärtigen Phänomene und empirischen Befunde an die berühmten Studien zum autoritären Charakter an (oder gerade nicht)? Im Seminar werden wir uns sowohl mit klassischen Ansätzen der Autoritarismusforschung befassen als auch mit aktuellen Entwicklungen, Einschätzungen und Positionen. Die Bereitschaft zur intensiven Textarbeit sowie zur Arbeit in Arbeitsgruppen wird vorausgesetzt. |