Kommentar |
Was haben so unterschiedliche Phänomene wie Klimawandel, Pflegenotstand, Erschöpfung durch Arbeit oder die Corona-Pandemie miteinander zu tun? Alle diese Stichworte verweisen auf aktuelle gesellschaftliche Krisenerscheinungen, die soziologisch umfassend untersucht und analysiert werden. Im Vordergrund dieser Analysen steht zumeist die Frage nach den strukturellen Ursachen, kollektiven Bewältigungsmöglichkeiten und zu erwartenden Effekten von Krisenerscheinungen. Etwas seltener wird, zumal empirisch fundiert, nach den Auswirkungen gesellschaftlicher Krisen auf individuelle Biographien gefragt. Genau das soll im Rahmen der Lehrforschung passieren: Es geht darum, den Spuren der gegenwärtigen Vielfachkrise bzw. von (ggf. auch bereits zurückliegenden) gesellschaftlichen Umbruchsituationen in Deutungen, Erfahrungen und Lebensverläufen von Subjekten nachzugehen. Ausgangspunkt dafür ist die doppelte soziologische Annahme, dass gesellschaftliche Krisen einerseits nicht einfach objektiv existieren, sondern kollektiv wie individuell als solche wahrgenommen und bearbeitet werden müssen. Andererseits ergeben sich aus den individuellen Wahrnehmungs- und Bearbeitungsweisen sowohl Hinweise auf phänomenübergreifende Merkmale von Krisenerfahrungen, wie auch auf potenzielle Ansatzpunkte für Möglichkeiten der Bewältigung. Wahrnehmung, Erfahrung und Bewältigung von Krisen greifen somit unauflösliche ineinander und können zugleich mit Mitteln der qualitativen Sozialforschung empirisch nachvollzogen werden.
Im zweiten Teil der Lehrforschung steht die intensive und systematische Auswertung des eigenen Forschungsmaterials in den Forschungsgruppen, die inhaltliche Vertiefung des Forschungsthemas als Gruppe und im Gesamtseminar sowie die Erstellung des Forschungsberichts im Mittelpunkt. |