Kommentar |
Über viele Jahre hinweg soziologisch wie gesellschaftlich kaum beachtet, sind Klassen und Klassenpolitik mit Wucht in den öffentlichen Diskurs zurückgekehrt. Dabei fällt auf: Vieles, was infolge der kurzen Renaissance von Klassenanalysen in den 1970er Jahren wissenschaftlich an Erkenntnisfortschritt erreicht worden war, ist heute wieder in Vergessenheit geraten oder gänzlich verloren gegangen. Deshalb wird die aktuelle Klassendiskussion oftmals sehr oberflächlich geführt. Ziel der Vorlesung ist es, sowohl in Grundideen und -begriffe soziologischer Klassentheorien einzuführen, als auch wichtige Studien zu Klassenverhältnissen im Gegenwartskapitalismus zu behandeln. Dabei geht die VL von einer paradox anmutenden Konstellation aus: Einerseits nehmen horizontale, klassen-spezifische Ungleichheiten in allen Gesellschaften sowohl des globalen Nordens wie des Südens zu, andererseits sind um den Gegensatz von Kapital und Arbeit gebaute politische und gewerkschaftliche Organisationen so schwach, wie es nach 1949 wohl noch nie der Fall gewesen ist. In diese Lück stoßen rechte, radikalpopulistische Strömungen, denen es in vielen Ländern gelungen ist, Teil der Arbeiterschaft für sich zu gewinnen. Diese Tendenz zu demobilisierten Klassengesellschaften vor Augen, scheint die Zeit reif, um die Suche nach angemessenen Klassentheorien und -analysen wieder aufzunehmen.
Die Vorlesung behandelt u.a. die „klassischen Klassentheorien” von Marx, Weber und Halbwachs sowie deren Aktualisierungsversuche durch Pierre Bourdieu und Erik Olin Wright. Einbezogen werden aber auch Rosa Luxemburg, Antonio Gramsci, Nicos Poulantzas, Mike Savage, Silvia Federici und viele andere. Die Klassismus-Debatte wird ebenso gestreift wie das Verhältnis von class, race und gender. Auch die Beziehung von Klassen- und Naturverhältnissen ist Thema.
|
Bemerkung |
Die Vorlesungen werden in digitaler Form zur Verfügung stehen. Nach jeweils drei Vorlesungen findet eine Veranstaltung statt, die ausschließlich für Rückfragen und Diskussion gedacht ist. Zu jeder Vorlesung gibt es einen Basistext, dessen Kenntnis vorausgesetzt wird. |