Kommentar |
Im Jahr 1970 sprach der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann sich bei der traditionellen Schaffermahlzeit in Bremen gegen eine Geschichtsschreibung der „Sieger“ aus und meinte, es sei "Zeit, dass ein freiheitlich-demokratisches Deutschland unsere Geschichte bis in die Schulbücher hinein anders schreibt". 50 Jahre später hat der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Ball wieder aufgegriffen und fordert von der Geschichtswissenschaft, sich mehr um die „Demokraten“ in der deutschen Geschichte zu kümmern, zuletzt dokumentiert in dem Band: „Wegbereiter der deutschen Demokratie: 30 mutige Frauen und Männer 1789-1918“. Das Hauptseminar geht dem Problem einer deutschen Demokratiegeschichte nach und fragt vor allem nach den Ambivalenzen und der Brüchigkeit der demokratischen Bewegung im 19. Jahrhundert. Wie ist etwa das >imperiale< Großmachtdenken einiger Demokraten in der Revolution von 1848/49 zu verstehen und warum setzten sich die Demokraten nicht deutlich genug für die >Parlamentarisierung des Kaiserreichs> ein? Gibt es wirklich die deutschen Demokraten oder handelt es sich nicht vielmehr um eine ganz heterogene Erscheinung, die sich nicht so einfach in eine demokratisch-republikanische Traditionslinie einlesen lässt? Zudem ist zu klären, warum die Demokraten solange in der deutschen Geschichtswissenschaft und der Öffentlichkeit vernachlässigt bzw. an den Rand gedrängt wurden.
Literatur: Steinmeier, Frank-Walter (Hg.): Wegbereiter der deutschen Demokratie. 30 Mutige Frauen und Männer 1789-1918. München 2. Aufl. 2021. Richter, Hedwig: Demokratie. Eine deutsche Affäre. München 4. Aufl. 2021. |