Kommentar |
Dieses Seminar beschäftigt sich mit der Macht von Ideen in der Weltpolitik. Immer wieder erleben wir, wie Ideen die Weltpolitik verändern, ja revolutionieren: die Ideen des Liberalismus und Kommunismus, Nationalismus, Dekolonisierung, Perestrojka und Glasnost, Dschihad, humanitäre Intervention. Oftmals stehen hinter diesen Ideen Normen, also Standards (un)angemessenen Verhaltens, die vorgeben, was für richtig und legitim empfunden wird und was nicht: das Recht auf Selbstbestimmung und politische Unabhängigkeit etwa, für das die Ukrainer derzeit kämpfen. Normen werden propagiert von einzelnen Führungspersönlichkeiten (Normunternehmer), wie Nelson Mandela und Martin Luther King die Ablehnung der Rassendiskriminierung. Oftmals gründen sie Organisationen oder transnationale Netzwerke, die diese Normen verbreiten, wie Amnesty die Menschenrechte (Normendiffusion). Manche dieser Normen sind kodifiziert im internationalen und nationalen Recht, viele nicht – deshalb nicht, weil sie auf erbitterten Widerstand stoßen (Normenkontestation). Manche setzen sich durch, andere nicht, oder nur in einzelnen Ländern oder Gruppen.
Dieses Seminar wird die Normenliteratur, die dem Konstruktivismus entstammt, und ihre zentralen Konzepte sichten und auf vier Fälle anwenden. Der Fokus liegt auf den Fällen und ihrer Erklärung durch die Normenliteratur: der Kampf von John Newton, William Wilberforce und anderen für ein Ende der Sklaverei im Großbritannien des frühen 19. Jahrhunderts (Abolitionismus); Henri Dunant, das Internationale Rote Kreuz und die Entstehung der zentralen Normen des humanitären Kriegsvölkerrechts; Konflikte um Sezession und die interessengeleitete Selektion von Normen durch die Konfliktparteien – Kosovo und Donbass im Vergleich; die Leitnormen der deutschen Außenpolitik und ihre Herausforderung seit Ende des Kalten Krieges, insbes. durch den Ukraine-Krieg. Bleibt Zeit, schauen wir noch auf die EU als „normative Macht“ im östlichen Europa und die Konfrontation mit Russland oder die Entstehung der Norm der „Responsibility to Protect“. |
Literatur |
Hinführende Literatur
- Acharya, Amitav (2004), How Ideas Spread: Whose Norms Matter? Norm Localization and Institutional Change in Asian Regionalism, in: International Organization, 58 (2), S. 239-275.
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- Bucher, Bernd (2014), Acting abstractions: Metaphors, narrative structures, and the eclipse of agency, in: European Journal of International Relations 20 (3), S. 742-765.
- Checkel, Jeffrey (1999), Norms, Institutions, and National Identity in Contemporary Europe, in: International Studies Quarterly 43 (1), S. 84-114.
- Checkel, Jeffrey (1997), International Norms and Domestic Politics: Bridging the Rationalist-Constructivist Divide, in: European Journal of International Relations, 3 (4), 473-495.
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